Das vegane Dilemma

19.01.2013 12:06

Man könnte auch sagen: das vegane Scheitern, denn um nichts anderes geht es da. Wie komme ich da drauf? Im Grunde ganz einfach: weil die meisten Rohköstler und die, die es werden wollen, eben eine Karriere hinter sich haben, die zumeist so aussieht: Normalkost - Vegetarier - Veganer - veganer Rohköstler - gescheiterter Rohköstler. Auch ich habe diese Karriere hinter mir, wenn auch im Schnelldurchlauf von wenigen Monaten, was es mir aber erlaubt etwas "hinter die Kulissen zu schauen". Wenn diese Menschen also irgendwann nach der Lektüre von begeisternden Büchern oder motivierenden Videos oder Vorträgen "Rohköstler" sind, dann merken sie nach einem Anfangshoch recht bald, dass sie irgendwie unzufrieden werden oder gar gesundheitliche Probleme bekommen. Sie spüren, dass da etwas noch nicht richtig passt und sie suchen dann natürlich nach Lösungen und den Rat erfahrener "Rohköstler". In aller Regel sind sie echten Lösungen dennoch strikt abgeneigt! Das hat mich immer sehr verwundert!

Sie befinden sich also in einem echten Dilemma*!

*(Ein Dilemma [griechisch δί-λημμα ‚zweigliedrige Annahme‘, Plural Dilemmas oder Dilemmata], auch Zwickmühle, bezeichnet eine Situation, die zwei Möglichkeiten der Entscheidung bietet, welche beide zu einem unerwünschten Resultat führen. Es wird durch seine  Ausweglosigkeit als paradox empfunden.)

Was ist da los?

Die Frage lautet also: wieso scheitern so ziemlich alle an der veganen Rohkost?

In den Jahren meiner Rohkostpraxis bin ich sehr sehr vielen veganen Rohköstlern begegnet, welche irgendwann an einen Punkt kamen, wo sie unzufrieden wurden. Wenn sie dann in Rohkostforen oder auch im persönlichen Gespräch um Rat fragten oder auch eher unterbewusst dieses Thema anschnitten, bekamen sie leider oft Antworten, die ihnen nicht gefielen. Schlimmer noch: sie waren wie immun gegen jedes sachliche Argument, wollten aber unbedingt eine funktionierende Rohkost praktizieren.

Ich war dann immer irritiert, weil ich mich fragte: "Ja, wieso machen die das denn nicht, was funktioniert?". Eines Tages kam mir aber die Erleuchtung! Wärend bei mir eine funktionierende Rohkostpraxis das primäre Ziel war, so war es bei diesen Menschen vegan zu sein und zu bleiben. Das ist, war und bleibt das OBERSTE Ziel: VEGAN SEIN. Es ist erstmal scheissegal, ob gekocht oder roh, Hauptsache vegan. Darum kreist das ganze Denken. Na gut, mir gehts auch so: Hauptsache roh! Aber es scheint, als gehen diese beiden Ziele nicht zusammen. Aus meiner Sicht müssen sie es auch nicht! Wenn denn nicht so viele Leute aus diesem Grund an der Rohkost scheitern würden, was ich ziemlich schade finde!

Aber wieso kleben diese Menschen so an ihrem Veganismus? Nun, wenn dieser Mensch zur Rohkost kommt, hat er vorher zumeist schon eine Menge Bücher gelesen, die allesamt das Fleischessen verteufeln oder zumindest kritisch hinterfragen. Das Fleischessen und seine vermeindlichen Folgen wird dann zumeist aus vielen verschiedenen Blickwinkeln beleuchtet. Angefangen vom Kindchenschema, also der Mitleidsschiene für die Tiere, über vermeindliche Gesundheitsaspekte, die eine rein pflanzliche Diät mit sich bringen soll, über vermeindliche Fehlanpassungen des menschlichen Darmes oder des Gebisses an tierische Produkte, über ökonomische Aspekte des Verzichtes und ökologische Zusammenhänge bis hin zu spirituellen Elementen.

Die meisten dieser Argumente halten einer genauen Prüfung nicht stand, aber das ist erstmal egal und das begründete Unbehagen, welches der Verzehr von tierischen Produkten aus der Massentierhaltung hervorruft, findet hier seinen geistigen Überbau. Tatsächlich kommen hier anscheinend sowohl körperliche als auch geistige Aspekte zusammen. Das Unwohlsein, das man spürt, wenn man konventionelle Produkte konsumiert, die zumeist dann auch erhitzt sind, lässt den Geist nach Lösungen suchen. Und da man in den seltesten Fällen über instinktive Rohkost stolpert, sondern eben über Vegetarismus und später Veganismus, beginnt man sich dafür zu interessieren. Dem liegt also zumeist tatsächlich ein berechtigtes Unbehagen zugrunde, was aus dem Verzehr von Produkten aus der Massentierhaltung oder erhitzten Produkten resultiert.

Die Beschäftigung mit Vegetarismus oder Veganismus ist also im Grunde ein richtiger und vor allem folgerichtiger Schritt, um vom Verzehr der besagten Produkte weg zu kommen, die tatsächlich auf körperlich/geistiger Ebene dieses Unbehagen auslösen!

Viele werden dann halt Vegetarier und kochen und sie leben ganz vernünftig vor sich hin. Einge aber gehen weiter und werden Veganer und später "Rohveganer". Zumeist dann auch, um ein politisches Statement abzugeben: Ich bin gegen die Ausbeutung von Tieren!

Jetzt kommt es aber zu einem interessanten Phänomen! Dem Körper sind politische Einstellungen erstmal recht egal und er hat ein genetisches Programm, was läuft und dass verlangt nun nach bestimmten Substanzen, die es nunmal nicht oder nur in unzureichender Menge oder nicht mit den richtigen Begleitstoffen in rein pflanzlicher Nahrung gibt. "Gelüste" entstehen. Aber statt diese als Ausdruck des Instinktes zu werten, als Versuch, die körperliche Unversehrtheit aufrecht zu erhalten, wird es geleugnet und sogar bekämpft.

Ich habe persönlich oft erlebt, wie die Veganer sich selbst gegenseitig in ihrer Haltung bestärken, indem sie sich massenweise Schlachthausbilder zeigen, Fleisch als Tierleichen und Fleischesser als Leichenfresser bezeichnen, Honig als Bienenkotze hinstellen und Jäger als Mörder sowie Tiertransporte als Deportationen. Alles, um sich gegen den Verzehr von tierischen Produkten zu wappnen. Manche Veganer verbringen damit sogar einen Großteil ihres Lebens. Sie nennen sich dann selber "Aktivisten". Auch waren sie in Diskussionen NICHT FÄHIG, den Unterschied zwischen erhitzen und somit hochproblematischen, weil in ihre Molekularstruktur veränderten Produkten und rohen, naturbelassenen Produkten zu erfassen.

Aus meiner Sicht ist das alles nur der Versuch, die eigene genetische Programmierung zu bekämpfen. Was sinnvoll und begründet begann, nämlich der Schritt weg von erhitzten und somit problematischen Produkten, wird zur Falle!

Um eines mal klarzustellen: sie haben natürlich recht, was die Massentierhaltung angeht! Keine Frage. Aber darum geht es hier nunmal grade nicht! Sondern um die Frage, ob der Mensch genetisch an den Verzehr tierischer Produkte angepasst ist und ob ein "Weglassen" dieser Produkte schlichtweg zu einem Scheitern der Rohkosternährung führt. Eines gleich vorneweg: alles deutet darauf hin!

Wie gesagt, mit der Zeit überlagern sich hier anscheinend zwei Programmierungen oder besser: verstärken sich gegenseitig. Einmal die genetische Programmierung, welche in unseren GENEN liegt und die sich über den Ernährungsinstinkt äußert und dann die geistige Programmierung, d.h. die Überzeugungen, Glaubensinhalte und Denkweisen, den MEMEN [1].

Und diese beiden Programmierungen liegen bei der Veganen Ernährung und noch mehr bei der veganen Rohkost offensichtlich im Widerstreit! Das muss man verstehen!! Hier ist der Mensch Träger zweier vollkommen diametral, also entgegengesetzt gerichteter Informationen! Einmal die Genetik, in der der Verzehr von tierischen Produkten angelegt ist und einmal der Memetik, also dem Glaubensinhalt, dem sei nicht so! Das heisst also, je stärker der Bedarf wird, je stärker sich das genetische Programm Geltung verschafft, desto stärker muss die geistige Antithese werden! Wen wundert da noch etwas, wenn man sich einige Blogs der veganen Missionare oder der veganen Rohköstler anschaut? (Kreisen sie deswegen auch immer "ums Fleisch", aber eben in der "Anti-Haltung", weil ein echter körperlicher Bedarf besteht, den es zu bekämpfen gilt?)

Wenn dieser Mensch nun von der veganen Kochkost zur veganen Rohkost wechselt, so tritt dieser Widerspruch noch mehr zu Tage. Kann man mit dem Kochen, also mit allerlei Rezepten und Tricks wie Tofu oder was es da nicht alles gibt, vielen Sinnen noch etwas vorgauckeln, so klappt das mit der Rohkost nicht mehr so gut! Schon garnicht, wenn man die Sachen wie ein Tigerkind einzeln und mono futtert!

Ich habe dann beobachtet, dass dieser wachsenden Unzufriedenheit mit Mischen, Würzen und Saften begegnet wird. Das erklärt auch die Gourmetrohkost, denn diese ist ein Kind der veganen Küche. Auch werden etwaige Mängel mit B12-Spritzen oder anderen Supplementen begegnet, es wird eben ALLES getan, um das MEM "Veganismus" am Leben zu erhalten.

Natürlich gab es einige offene Geister, die das spürten und die dann tatsächlich auch wieder den Verzehr von tierischen Produkten mit einbezogen. Doch bei vielen sah das so aus, dass sie das dann zu den unmöglichsten Zeitpunkten aßen und unter gröbster Missachtung des Instinktes, so dass Missempfindungen und Unwohlsein die Folge war! Und da bekam man dann zu hören: Ich vertrage eben kein Fleisch!

Oder es wurde argumentiert: "Ich würde ja Fleisch und Fisch essen, wenn ich es selber jagen würde". Da man das aber nicht kann...Göttlich finde ich auch das Argument, dass der Darm des Gesunden ja ausreichend B12 produziere und dass man über ungewaschene Wildkräuter genug B12 bekommt.

Es war also nur eine Scheinoffenheit. Es wurde weiterhin auch wirklich ALLES unternommen, um Vegan zu bleiben und dieses Mem zu schützen, selbst wenn schon körperliche Mängel und Gesundheitsprobleme vorlagen! UNGLAUBLICH!!! :-O Es geht bei manchen sogar soweit, dass sie ihre Katzen und Hunde, nun wirklich unleugbare Carnivoren, vegan ernährten, sich dauernd B12 spritzen oder Omega-3-Tabletten nehmen. Nur die eine oder andere, deren Kind dann nervliche Ausfallerscheinungen hatte oder einfach die Nahrungsaufnahme verweigerte, wachte auf! 

Aus meiner Sicht ist Vegan und vor allem Rohvegan wirklich ein sehr starkes Mem, da es paradisisch anmutet, ja, schon in der Bibel verankert ist (!!), da es verspricht, sich von der Schuld zu befreien, da es verspricht, kein Leid zu verursachen, ja Seelenheil ist möglich und somit auch mein Ego stark anspricht. Und die Energie dafür bekommt es direkt aus der eigenen Unzufriedenheit auf körperlicher Ebene!

Doch wie gesagt, es gibt eben noch ein körperliches Bedürfnis, was aus der genetischen Programmierung hervortritt und was man eben nicht einfach beiseite schieben kann.

Für den veganen Rohköstler bedeutet dies zumeist ein Leben zwischen den Stühlen. Ein Leben mit Rückfällen, Rechtfertigungen, Kampf gegen den Kochtopf, Verzicht auf den echten, wahren Genuss, ein Verrecken kurz vor dem Ziel, zumeist eben ein Scheitern! Es wird, da die pflanzlichen Produkte einzeln genossen irgendwann ihren Reiz verlieren, gemischt, gesaftet und gewürzt. So entsteht eine trügerische Befriedigung: die Sinne sind befriedigt, aber der Metabolismus bleibt unbefriedigt. So entsteht automatisch ein Teufelskreis mit immer mehr würzen um mehr Befriedigung zu erreichen, aber der Körper bekommt nicht was er wirklich braucht und so erhöht sich das Bedürfnis. Man steckt in der Falle! In der Grauzone zwischen Genetik und Memetik. Zerrieben zwischen dem sich Geltung verschaffenden körperlichen Bedarf und der Besessenheit von einer fixen Idee, die dem komplett entgegen steht. Ein einfacher Prozess letztendlich, wenn man es verstanden hat!

Grundsätzlich müssten die ganzen Salatbastler und Smoothieschlürfer* verstehen, dass ihre Methode den ursprünglichen Instinkt in die Irre führt! Man betrügt die Natur, die Natur bestraft einen mit Unzufriedenheit. Dieser ganze Prozess beruht auf der Tatsache, dass die geschmackliche Befriedigung keiner echten Befriedigung entspricht, sobald sie durch einen Kunstgriff (würzen, mischen usw) erreicht wird. Die erste Befriedigung wirkt zwar faszinierend, lässt einen glauben, dass die Bedürfnisse gedeckt wurden, während aber auf der Ebene des Stoffwechsels Unausgewogenheit und Unzufriedenheit vorherrschen, weil man nicht das ißt, was man wirklich braucht!

Woher ich das alles weiß? 2009 und 2010 hatte ich zwei "Saft- und Salatjahre". Nichts geht über die eigene Erfahrung! Und woher weiß ich das mit der Veganen Selbstprogrammierung? Tja, auch ich stand 1998 kurz davor, mich dem hinzugeben!

Und dieses ganze Dilemma geht bis "hoch" in die Spitze der Veganen Rohkostbewegung! Markus Rothkranz: trinkt nach eigener Aussage auf FB seinen Tee. Franz Konz: hat regelmäßig schlimmste Fressattakten mit Kochkost [3], welche man auf Youtube bis zur Löschung des Videos bewundern konnte. Victoria Boutenko kocht auch wieder fleissig [2], statt dem INSTINKT Rechnung zu tragen, welcher GANZ VON SELBST Omega-3-haltige Produkte präferiert (ja ja Leute, wir lieben das Meer nicht nur weil man baden kann!) und präsentiert den Rückschritt in den Kochtopf als Fortschritt (und verdient wohl nicht schlecht dabei)! Die meisten Betreiber veganer Rohkostforen machen Ausnahmen, die meisten Wortführer in den Foren machen Ausnahmen (sparen aber nicht mit wertlosen Tipps und idealistischen Überzeugungen) oder konsumieren Tiermilchprodukte.

Das Ganze ist ein trauriges Theater des Scheiterns! Eine groteske Schau des Versagens. Und warum? Weil sie alle nicht ihren Instinkt benutzen! Sondern ihn leugnen und sträflich unterdrücken.**

Mir ist auch aufgefallen, dass es für viele Veganer keinen Weg zurück aus dem Veganismus mehr gibt. Irgendwie steckt man da so tief drin in dieser Überzeugung, dass man nicht mehr zurück kann. Zuviel Energie hat man da reingesteckt, um sich umzuprogrammieren. Lieber kocht man wieder oder spritzt sich B12. Oder man klammert sich an den einen, bei dem es angeblich klappt. Im Grunde kann man es auf einen Punkt bringen: sie wollen es nicht wahr haben!

Das vegane Dilemma besteht also zwischen den zwei als unangenehm empfundenen Lösungen: mehr Natur zulassen und somit auch wieder tierische Produkte nach Instinkt ausgewählt zu essen oder wieder zu mischen, würzen, kochen, B12 spritzen und Omega-3 supplementieren!

Deswegen Freunde: Das Ziel heißt Genetik und Memetik in Einklang zu bringen! Weg von schädlichen und genußhinderlichen Glaubensinhalten, hin zu einer liebes-, gruppen- und gemeinschaftsfördernden Grundhaltung, welche im Einklang mit unseren körperlichen Bedürfnissen steht! Rohkost alleine hilft also nicht, sondern es gilt darüber hinaus an den Memen zu arbeiten, also sich selber zu hinterfragen, wo noch hemmende und lustfeindliche Glaubensinhalte den Zugang zum Guten, Schönen und Wahren stören!

[1] de.wikipedia.org/wiki/Mem

[2] www.amazon.com/Raw-Beyond-Nutrition-Transforming-Paradigm/dp/1583943579

[3] tinypic.com/player.php?v=xdcadk&s=6

* nichts gegen einen Smoothie in Gesellschaft! Der schadet eh nicht! Man muss sich eben nur klar machen, was genau man da tut! Und sich nicht in etwas reinsteigern. Meiner Erfahrung nach ist es ein Schritt zurück! Kann aber halt auch Spass machen bei speziellen Gelegenheiten

** Achtung! Auch bei der instinktiven Rohkost kann es eine "Fleischfalle" geben. Diese entwickelt sich, wenn der Körper zur Energiegewinnung auf Proteine umschaltet. Dann kann es zu einer kuriosen Anziehung nach tierischen Produkten kommen, obwohl man sie eigentlich garnicht braucht! Eine Überlastung mit Proteinen wiederum kann zu Autoimmunkrankheiten und andere Probleme führen. Auch können vorliegende Exorphinabhängigkeiten hier problematisch nachwirken!! In der Natur ist das nicht so das Problem, weil man nicht immer einen Jagderfolg hat und auch nicht ein an Morphine gewöhntes Gehirn hat. In der modernen Gesellschaft stehen diese Produkte aber viel eher zur Verfügung, wenn auch oft in zweifelhafter Qualität! Die Veganer sagen nun: wusste ichs doch, aber dabei übersieht man, dass es darum geht, so naturgemäß wie möglich zu leben. Und dazu gehört eben, dass Produkte wie Fleisch immer nur in der himmlischen Phase verzehrt werden und aus einwandfreien Quellen stammen sollten. Im Zweifelsfall einfach mal 4 Wochen weglassen! Dann kommt man aus solchen Sackgassen wieder raus und der Genuss ist dann umso größer! Also nicht Augen zu und durch, sondern Augen auf im Straßenverkehr!

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