Der Stapel wird immer größer

20.02.2018 17:13

Und weiter gehts mit den Folgen des "falschen Lebens":

In Dhakas Ledergerbereien zeigt sich die Zerstörung von Lebensgrundlagen durch Billigindustrien für den Export.

www.heise.de/tp/features/Bangladesch-Der-Mensch-frisst-sich-selber-auf-3972291.html

Ich bin ja schon lange der Ansicht, dass wir die Probleme, die wir früher auch hier in den Kernzonen des Industriekapitalismus hatten, nie wirklich gelöst wurden, sondern einfach immer weiter in die Perepherie verschoben wurden. Die Arbeiten standen ja hier früher auch "bis zu den Knien im Dreck" und mussten zum Teil unter schlimmsten Bedingungen arbeiten. Und die Flüsse waren zu DDR-Zeiten schlichtweg tot. Das hat sich nun hier soweit gegessert, aber das heisst nicht, das die Probleme gelöst wurden, sondern sie wurden nur aus dem Sichtfeld verschoben.

Aber was wollen die Leute in den armen Ländern auch machen? Jeder muss in diesem System Geld verdienen und Investitionen in Filter, Abwasseranlagen, Reinigung etc. kosten Millionen und müssen sich erstmal rentieren. Muss man sich ja klar machen: es verteuert sich dann die Produkte, weiter nichts. Und dann macht irgendwo anders jemand die Arbeit unter diesen Bedingungen und kann den Preis drücken und so mehr verkaufen.

Diese Wirtschaftsform hinterlässt ja zum teil regelrecht verbrannte Erde, wenn sie weiter zieht, ins nächste Billiglohnland.

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Wasserkraftausbau bedroht Europas letzte Wildflüsse

Wegen seiner wilden und weit verzweigten Flusslandschaften wird der Balkan auch als blaues Herz Europas bezeichnet. Doch die unberührte Natur ist in Gefahr, weil hier immer mehr Wasserkraftwerke gebaut werden. Dagegen wehren sich zahlreiche Naturschützer - mit mäßigem Erfolg.

www.deutschlandfunk.de/naturschutz-auf-dem-balkan-wasserkraftausbau-bedroht.724.de.html?dram:article_id=410561

Als ich in Österreich gearbeitet habe, wurden im Büro auch viele Wasserkraftprojekte bearbeitet. War nicht mein Fachgebiet, aber ich habe, das Büro war ja überschaulich, viel davon mitbekommen. Die Sache geht zumeist so vonstatten: es gibt einen Projektträger, der ein Kleinkraftwerk an einem Fluss bauen will. Östereich hat ja viele dazu geeignete Bäche und kleine Flüsse. Dieser Projektträger, oft so Landbesitzer, Landwirte, Vereine, Großgrundbesitzer... ganz unterschiedlich... gehen damit zu einem Technischen Wasserbauer. Der schaut sich das an, ob es machbar ist und erstellt ein technisches Projekt. Dann holt der sich noch einen Ökologen ins Boot, das waren dann wir, der die Naturschutzrechtlichen und Gewässerökologischen Belange bearbeitet.

Das war in den Jahren wo ich da war, ein richtiger Boom. Wenn man es ökologisch gut abfedert, ist der Eingriff auch zu vertreten. Die Betreiber müssen ja dann vorgeschriebenermaßen Fischaufstiegshilfen einbauen, die auch überwacht werden und eine Restwassermenge abgeben, damit das Bachbett nicht trocken fällt. Das Wasser wird quasi irgendwo oben am Berg gefasst, in ein Rohr geleitet und dann wird damit unten am Berg eine Turbine angetrieben. Der Strom wird dann entsprechend verkauft.

Je mehr Wasser in die Restwasserstrecke geht, desto geringer die Energieausbeute. Deswegen wollten die immer so viel Wasser wie möglich ins Rohr leiten, aber da gabs entsprechende Richtlinien und Vorschriften.

Kurzum: der Boom war natürlich auch gewollt. Sprich der Staat Österreich hatte wie jedes Land heute seine Klimaziele und der Ausbau der Wasserkraft wurde aufgrund der Topologie natürlich entsprechend gefördert.

Schon damals hatten einige technische Planer ihre Finger auf den Balkan ausgetreckt und sahen hier die nächste Goldgrube entstehen. Man hatte das technische Know-How, die Kontakte, die entsprechende politische Rückendeckung, also wurden dort Projekte an Land gezogen.

"Das Problem ist, dass hier ein Wasserkraftwerk gebaut wird, nur ein paar hundert Meter von der Quelle entfernt, ein kleines von nur 4,9 Megawatt, das aber die Quelle gefährdet", sagt die Ökologin Jelena Ivanić.

Also auch hier gehts um diese Kleinkraftwerke.

Es war aber auch oft ein Drama. Menschenskinder, man ist ja als Ökoplaner immer auch Teil der Zerstörung. So wie es war kriegt man es ja auch mit den besten Maßnahmen nie wieder hin, es bleibt ja immer ein Eingriff. Und es ist immer ein Stich ins Herz, wenn man da mitten in der Natur irgendwo in den Bergen die Bagger anrücken sieht.

Aber das ist eben der Kapitalismus: die Menschen müssen auch beschäftigt werden. Also wird wieder was neues erfunden und ausgebaut und oft, oder eigentlich immer, geht es auf Kosten der Natur.

Der technische Fortschritt kam in der armen Gegend lange nicht an. Jetzt schon, aber dafür mit gravierenden Folgen für die Umwelt. Überall auf dem Balkan, besonders aber in Bosnien und Albanien, werden zurzeit kleine Wasserkraftwerke gebaut. Ein gewaltiger Bauboom, der fast alle Flüsse der Region betrifft.

Wie eben in Österreich auch. Das war ja auch ein Boom und alle wollten reich werden. Oder sind dadurch auch reich geworden! Da wurde ja geplant und gebaut und auch für die Ökofirmen gab es da viel Geld zu verdienen. Einreichunterlagen erstellen, ökologische Bauaufsichten und dann die Nachkontrollen der Fischaufstiegshilfen oder der Restwasserstrecken.

Man sieht dann auch mal die Heftigkeit und die Dynamik des Kapitalismus aus erster Hand! Das war eine richtige Goldgräberstimmung und da es eben darum ging, das Klima zu schützen, wurden die Projekte auch oft realisiert. Und da floss dann richtig Kohle! Da sind viele Leute auch richtig reich geworden und haben sich eine goldene Nase verdient. Vor allem die Technischen Planer. Die Ökoplaner wurden ja da oft nur als lästiges aber notwendiges Übel gesehen und mit Almosen abgespeist, wenn man das mal so überspitzt sagen kann, aber bei den Technischen Planern blieb viel hängen.

Energiewende und Klimaschutz sollen Eingriffe rechtfertigen

"Hier wird etwas sehr Wertvolles zerstört", sagt auch Boro Janković, ein Künstler und Kleinunternehmer aus Belgrad, der in den bosnischen Wäldern einige Ferienbungalows vermietet. Jankovics Ärger gilt vor allem der kleinen Geldelite seines Landes, die sich um die Ressourcen des Landes nicht schere, aber gut daran verdiene.

Auch in Österreich ist aus meiner Sicht viel Wertvolles zerstört wurden, wobei man da schon die Abschnitte ausgenommen hat, die wirklich hochwertig waren. Aber alles andere wurde genutzt. Und wie gesagt, da sind zum Teil wirklich Gelder geflossen...

Da gab es für bestimmte Flüsse und Bäche Fischereiberechtigte. Die haben entweder selber Fisch genutzt oder Angelmarken verkauft. Und die hatten durch den Eingriff entsprechende Verluste, die mehr als großzügig kompensiert wurden. Da gab es einen Anwalt, der war gefürchtet bei den Projektbetreibern, der war selber Fischereiberechtigter und hat viele andere Vertreten. Dann wurde es immer teuer. Da ging es abe rnie wirklich um Fisch, sondern die wollte einfach ein dickes Stück vom Kuchen abhaben. Schließlich waren solche Kleinkraftwerke ja wirkich auch lukrativ.

Gerechtfertigt werden die teils beträchtlichen Eingriffe in die Natur mit der Energiewende und dem Klimaschutz. Die Länder der Region haben sich mit den EU-Mitgliedsstaaten zu der in Wien ansässigen Energy Community zusammen geschlossen und sich dazu verpflichtet, bis 2020 zwischen 25 und 40 Prozent ihres Energiebedarfs aus erneuerbaren Quellen zu beziehen - dazu gehört die Wasserkraft, die wegen der starken Eingriffe in die Natur aber an Umweltverträglichkeit hinter der Solar- und Windenergie zurücksteht.

Der Klimaschutz ist öffentliches Interesse und somit können sogar Projekte in Europaschutzgebieten gebaut werden, selbst wenn sie erhebliche Auswirkungen erwarten lassen. Und das wird auch gemacht. Nur wenn es wirklich prioritäre Arten und Lebensräume betrifft, hat man die Chance, dass ein Projekt nicht kommt. Aber ansonsten ist der Kliamschutz einfach Staatsziel und somit liegt das öffentliche Interesse vor, selbst wenn es private Unternehmer umsetzten.

Ich finde es auch ein bisschen heuchlerisch, wenn man sagt, wir müssen auf Erneuerbare umstellen, dann aber jammert, wenn dazu eben auch Wasserkraft zählt.

Ja, unser Leben im Westen geht nur mit Naturzerstörung.

Ich habe das hautnah erlebt, wenn Bäume gerodet werden, wenn die Natur weichen muss, wenn man in den Planerbesprechnungen blankem Zynismus erfährt, wenn selbst Ökologen sich wünschen, dass es ja keine Probleme mit geschützten Arten gibt, weil das eben nur Probleme macht.

Deswegen habe ich auch aus Rasen einen Biogarten gemacht. Das war mal was in Richtung Aufbau, nicht Zerstörung, die man nur mit irgendwelchen Maßnahmen begleitet. Die oft nicht mal funktionieren. Gibt ja Studien, die das zeigen.

Der US-amerikanische Gewässerökologe Stephen Weiss, der in der Region forscht, sieht aber ganz andere Motive für die Investitionen: das Kapital, über das große Stromversorgungsunternehmen verfügen und für das sie Anlagemöglichkeiten suchen.

"Momentan geht es um Geld. Da gibt es eine Investmentklasse, und da gibt es Milliarden, und die wissen nicht, wohin mit ihrem Geld. Und das ist der Haupttreiber hinter diesem Ausbau und nicht die Stromnot, und mit Sicherheit nicht die Sorge, die diese Leute haben für die Umwelt."

Ja gut, wie gesagt, das habe ich in Ö auch so erlebt. Das war eine Goldgräberstimmung und jeder wollte reich werden und auch die großen Stromerzeuger haben kräftig mitgemischt. Gerade an der Mur wurden da viele Projekte versucht zu realisieren. Und das eben alles unter dem Banner der "Energiewende".

Da in den Alpen alle Flüsse für die Stromversorgung schon maximal genutzt werden, schauen auch Unternehmen aus dem wasserreichen Österreich sich in der Nachbarschaft um. Sie haben Knowhow, sie haben Kontakte, sind ökonomisch potent. In der Konkurrenz gegen die etablierte Lobby der Wasserkraft haben junge Branchen wie die Betreiber von Wind- und Solarenergiekraftwerken keine Chance.

Da wird das, was ich damals schon selber mitbekommen habe, nochmal bestätigt.

"Energiefirma, Baufirma und Banken: Das ist schon mal ein gutes Dreieck. Das hat sich über die Jahre bewährt, das hat sich eingespielt über Jahrzehnte bei uns. Und das donnert jetzt sozusagen in den Balkan, trifft dort auf eine Landschaft, auf Flusssysteme, die es bei uns so schon seit über hundert oder zweihundert Jahren nicht mehr gibt.

Ganz ehrlich: auf die Natur wird geschissen. Es geht ums Geld und Wirtschaftswachstum und da zählt kein Fluss wirklich was. Was ist schon Schönheit? Kann man nicht essen und die Beschäftigten brauchen Arbeit und die Banken müssen irgendwo investieren, um Renditen zu erwirtschaften und die lokalen Bauleute und Politiker sehen eine Chance, reich zu werden. Also wird da mit aller Macht, bis hin zu politischer, ein neuer Markt erschlossen.

Und alles wird ja auch ökologisch mit beplant und dann gibt es eben die Genehmigung aus fertig.

Als echter Naturschützer steht man dann oft fassungslos da und fragt sich, wie jemand das nicht sehen kann, was man selber sieht. Aber wie gesagt, viele der Bauarbeiter sind recht dumpf, muss man mal so sagen, und den Chefs und andere aus der Intelligenz ist es egal, die wollen Geschäfte machen und Geld verdienen und oft wird man sogar mit einem grenzenlosen Zynismus konfrontiert. Alles erlebt.

Unberührte Natur hat keinen Nutzen im kapitalistischen System.

Deswegen kann man da nur was retten, wenn man nachweisen kann, dass man anderweitig mit der unberührten Natur mehr Geld machen kann als mit dem Eingriff. Aus sich selbst heraus hat die Natur im System keinen Wert.

Der massive Ausbau der Wasserkraft bedroht aber nicht nur den Natur-Tourismus - in den auf dem Balkan so große Hoffnungen gesetzt werden -, sondern auch den wichtigsten Wirtschaftsfaktor von Ländern wie Albanien, Montenegro und Kroatien: Touristen am Meer. Mit den fehlenden Sedimenten verschwinden die Strände.

Na gut, den wird man dann da hinkarren. Wieder Arbeit und Beschäftigung und Einkommen und Konsum.

Auf lokaler Ebene wird der Kampf der tapferen Frauen trotzdem kaum zu gewinnen sein. Bäche wie den von Kruščica gibt es überall auf dem Balkan, und gerade in der kostbaren Einsamkeit, durch die selbst größere Flüsse fließen, ist eben niemand da, der sich engagieren könnte. An Investoren dagegen mangelt es nicht; irgendwo in der Wildnis ein Kraftwerk zu bauen, Bäume zu fällen und eine Trasse auszubaggern, dürften sich auch kleine Firmen aus dem In- und Ausland zutrauen. Wo es etwas zu verdienen gibt, sind lokale Autoritäten kein Hindernis – im Gegenteil.

Ich war richtig erschrocken, wie gierig die Klöster in Östrreich waren. Die sind ja auch große Grundbesitzer und haben Kraftwerke bauen lassen. Also die empfand ich zum Teil als richtig widerlich. Wie da um Kohle gestritten wurde. Von wegen verkauft was ihr habt und gebt es den Armen.

Da kriegt man wirklich auch die Erklärung, wieso gerade um Klöster die Bauern früher so arm waren. Das waren knallharte Geschäftsleute.

Also ich frage mich wirklich, wie auch Naturvölker und Indianer gelitten haben mussten, als die Weißen kamen, die Bisons abknallten, Staudämme bauten, Eisenbahnen, Städte, das Land mit Zäunen abtrennten und dann damit reich wurden. Einige zumindest.

Ich hatte ja oft das Glück, dass ich viele Naturgebiete sehen konnte, bevor die Bagger anrückten.

Vielleicht habe ich mich deswegen auch so zu einen Kapitalismuskritiker entwickelt, weil eben mittlerweile die Zerstörung vor nichts mehr halt macht. Und auch auf dem Balkan werden die vor nichts halt machen. Und auch nicht halt machen können!

Das ist ja das Problem: es gibt kein Abbremsen, kein Weniger, kein Innehalten. Man wird gezwungen, immer in die Zukunft zu denken und neue Projekte zu realisieren. Mehr, mehr, mehr... und wenn es einmal läuft und das Geld sprudelt, dann kommt auch noch die Gier dazu.

Aber es gibt eben immer mehr Blowbacks und das wird noch lustig werden, wenn man wirklich erkennt, dass es nicht so weiter geht.

Das wichtigste wird sein, den Leuten in den Arm zu fallen, die die kapitalistische Krise dann wieder mit Krieg oder Bürgerkrieg lösen wollen. Da müssen wir gerade wirklich hellwach sein.

Und vor allem braucht es echte Alternativen. Darüber muss jetzt nachgedacht werden. Weil wenn es knirscht und bröckelt im System, dann ist es zu spät.

Nur sehe ich da gerade wenig an Bewusstsein. Die Masse ist eben mit Dschungelcamp und Smartphone beschäftigt und ist froh, dass sie irgendwie leben.

Ei jei jei... es sieht nicht gut aus!

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