Die Krankheit des sauberen Essens.

10.09.2019 19:43

Man hat mal wieder eine neue Krankheit gefunden:

Die exzessive Beschäftigung mit gesunden Lebensmitteln und deren Inhaltsstoffen wurde als "Cyberpathy", als digital übertragene Störung, im Rahmen des "Healthism" beschrieben.

Der Hang, gesund zu leben, um möglichst lange zu leben, scheint viele Menschen immer stärker in den Bann zu ziehen und zu einer Art Religionsersatz zu werden. Es wird zum Lebensstil und zur Identität. Man is(s)t vegan, ohne Gentechnik, ohne Zucker und Salz, keine Milch, laktose- oder glutenfrei, vegetarisch, Low Carb, regional, bio, paläo, keto oder clean. Im Englischen gibt es dafür den Begriff "healthism", vielleicht am besten als Gesundheitsobsession übersetzt.

www.heise.de/tp/features/Pathologie-des-Clean-Eating-4498334.html

Rohkost haben die vergessen.

Na ja, also nun kann man schon sagen, dass es manche Menschen auch etwas übertreiben und einen wahren Reinheitskult veranstalten, der durchaus dann auch krank- und zwanghafte Züge annhemen kann, aber angesichts der massiven Verunreinigungen der Nahrung ist mehr "clean eating" sicherlich nicht die schlechteste Idee.

Was auch vergessen wird: ALLE "Verunreinigungen" auf molekularer Ebene führen immer auch zu einem Konflikt im Inneren, der sich durchaus auch im außen zeigt. Der Körper muss ja immer alle Moleküle, die da nichts zu suchen haben, entweder entgiften, und wenn das nicht geht, sowas gibts ja, einlagern.

Das heisst, tief im Unterbewusstsein liegt also wirklich ein Verlangen vor, "sauber" zu essen, weil es der natürliche Zustand ist.

Deswegen sehe ich das als ganz gesunde Gegenbewegung zum Trend, dass alles immer denaturierter, manipulierter und vergifteter wird.

Das es da auch wieder übersteigerte und zwanghafte Ausprägungen gibt, geschenkt.. das gibts überall.

Grundsätzlich ist das aber der Weg in die richtige Richtung.

Wenn schon kein Fortleben im Jenseits und in der Matrix, dann wenigstens das irdische, an den Leib gebundene Leben so lange wie möglich mit allen verfügbaren Mitteln nach irgendwelchen Regeln und Normen verlängern und fit zu halten.

Das Natürlichste der Welt. Macht jedes Tier: versuchen, mit allen verfügbaren MItteln zu überleben und solange es geht fit zu bleiben.

Die Frage ist, wie konte es dazu kommen, dass an sich vollkommen abstruses Verhalten normal geworden ist? Das nun Menschen, die alles andere als fit und schön, also wieder das Natürlichste der WElt, sagen, dass die einen Knlaps haben?

Freilich, man muss immer schauen, wie sich sowas ausprägt. Dieser Zwang zur Selbstoptimierung ist grotesk, aber grundsätzlich ist Schönheit und Gesundheit das, was man immer in der Natur findet.

Hässlichkeit und Krankheit ist eher selten und wird zumeist schnell wieder ausgemerzt. Bzw. liegt nur im Auge des Betrachters.

Gestritten wird darum, ob Orthorexia eine Ess- und Persönlichkeitsstörung ist. Als gefährdet gilt, wer sich zwanghaft mit richtiger, d.h. gesunder Ernährung und deren Inhaltsstoffen beschäftigt, "ungesunde" Lebensmittel angstbesetzt vermeidet, viel Geld für die richtige Ernährung ausgibt, viel Zeit mit Aneignung von "Wissen" verbringt und sich schuldig - "sündig" - fühlt, wenn er Falsches zu sich genommen hat. Hinweise finden sich hier.

Wie so oft ist der Kranke hier schon der Gesunde, bzw. auf dem Weg zur Gesundheit.

JEDER fühlt sich sündig, wenn er gegen die Natur verstößt! JEDER. Der Mensch kann als einziges Wesen gegen die Natur verstoßen und wählen. Aber jedesmal, wenn er sich gegen die Natur entscheidet, gegen Gott, um mal hier im Bild zu bleiben, da im Artikel ja ähnlich argumentiert wird, dann gibt das Unglück, Krankheit, Tod. Die Bibel ist tausende Seite im Grunde nur diese eine Geschichte: Hinwendung zu Gott: Glück, Fülle, Reichtum, das Königreich erblüht. Abkehr von Gott: alles geht den Bach runter.

In der Bibel wird das ja immer sehr überspitzt dagestellt. Da werden ja immer die Extreme ausgelotet. Also Hölle, Sintflut und Drangsal vs. Wüsten werden blühen, Wunder, Paradies.

In einer Zeit, wo soviele Gifte und unverdauliche Zusätze in der Nahrung, im Wasser und in der Luft sind, wie NIE zuvor in der Geschichte dieses Planteten, ist es aus meiner Sicht eine sehr gesunde Reaktion, zu schauen, dass man irgendwie "clean" isst.

Klar, man kann aus allem ein Kult und eine Religion machen. Auch aus dem Essen. Aber man übersieht eben dabei, dass eben ALLE Religionen auch Nahrungsregeln und Verbote kennen, und dass eben das Paradies sehr genaue Nahrungsregeln hatte.

Das Wissen um die Wirkung von Sachen, die man in den Körper stopft, ist eben schon ziemlich alt.

Da gibt es beispielsweise den Rat für "super-clean eating" von Gwyneth Paltrow in dem Buch "The Clean Plate: Eat, Reset, Heal". Askese ist angesagt. Nur keinen Alkohol, keinen Kaffee, keine Milch, keine Nachtschattengewächse wie Tomaten, keine prozessierten Lebensmittel oder gar rotes Fleisch. Das alles ist Gift. Von Anhängern wird gesagt, es gehe bei "Clean Eating" nicht nur um eine Diät, sondern um eine "Philosophie für einen gesünderen Lebensstil". Man streicht stark verarbeitete Lebensmittel, vermeidet Zusätze, weswegen die Zutatenliste genau studieren werden soll, um zu erkennen, was sich in Bio-Lebensmitteln befindet, die aus der Region stammen und eben möglichst naturbelassen oder roh sein sollen (Kochen gilt als nicht notwendig schlecht).

Na ja, wie gesagt, ich finde das an sich erst mal nicht schlimm und im Grunde ein Zeichen einer Gegenbewegung zum Irrsinn, den wir zumeist auf den Tellern haben.

Klar, jeder hat dann seine Ideen, seine Philosophien und seine Ansätze. Und je nach eigener Überzeugung wird dann dies oder jenes vorgeschlagen.

Die Idee ist eben, aus dem Kreislauf der Vergiftung rauszukommen und, ja, ein gesünderes Leben zu führen! Gesünder für den Menschen, für die Tiere, für die Pflanzen, für den Planeten.

Was ist daran falsch?

Klar, wenns zwanghaft wird, aber jeder Arzt sagt doch im Grunde: essen Sie vernünftig, treiben Sie Sport, hören Sie auf zu rauchen, hören Sie auf zu saufen!

Jeder Ökologe sagt: iss mehr Regionales, da fallen die Transportwege weg und man unterstützt den Erhalt deer Kulturlandschaft.

Das ist witzig.. es wird immer gefordert und gemacht und getan.. tausende Leitfäden, Artikel und Vorschläge, dazu hunderte Reportagen über Gift und Kram im Essen und dann nehmen sich Menschen das zu Herzen und HANDELN danach und schon werden sie als gestört hingestellt.

Es ist nur noch absurd.

Hanganu-Bresch sagt: "Der Orthorektiker wird alle schädlichen oder potentiell ungeeigneten Substanzen aus der Ernährung nach einer Logik eliminieren, die ihr Fähnchen nach der Windrichtung dem tagesaktuellen Lebensmittelmodetrend richtet. Daher kommt die Obsession mit Säubern, Säften, Veganismus oder rohen und Bio-Lebensmitteln." Und alles in allem sieht sie in der Orthorexia als einer sich digital verbreitenden exzessiven Beschäftigung mit der Ernährung nur ein Eindringen der neoliberalen Ideologie in den Gesundheitsbereich, bei dem das Selbst wie ein Unternehmen geführt wird.

Telepolis ist ja links bis linksextrem und da muss man nun wieder den Kapitalismus anprangern. Dabei geht es vielen Menschen einfach darum, etwas zu tun, wovon sie spüren, dass das richtig ist.

Ich finds unglaublich: man wird mit Ernährungsratgebern erschlagen, mit Reportagen und Berichte über Gift und Galle. Und wer das umsetzt, bzw. das vermeiden will, wird als krank abgestempelt.

Klar, man kann an allem was aussetzen und kritisieren. Vegan ist aus meiner Sicht nicht ideal, aber grundsätzlich versucht das Leben hier einen Weg raus aus der Selbstvergiftung zu finden.

Diese Essstörungen, darunter verbirgt sich schon das gesündere Leben, das raus will.

Das sich entwickeln und eben gesünder werden will.

Das sich manche da vergalloppieren...aber selbst wenn, auch das ist eben auch ein Symptom, und darunter wartet schon das richtige, das bessere und gesündere Leben.

Wieso man das nicht honoriert, sondern wieder mal kaputtredet, ist irgendwo wieder typisch für die ganzen Miesepeter.

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