Die lieben Gewohnheiten

10.03.2014 10:04

So, endlich komme ich wieder mal dazu, etwas hier in meinem Blog zu schreiben. Wie gesagt, ich habe leider nicht immer Internet zur Verfugung und da es auch kostet, wenn ich ins Internetcafe gehe, entscheide ich mich im Zweifelsfall gegen einen Beitrag hier. Zeit ist eben auch hier Geld. Wobei die Ticos ja eher die gemütliche Truppe sind. 

In letzter Zeit ist mir vor allem die Frage durch den Kopf gegangen, inwieweit wir wirklich von Instinkten und natürlichen Regelmechanismen getrieben werden, oder ob vieles nicht schlicht und einfach Gewohnheiten sind. Man gewöhnt es sich an, bzw. hat es sich angewöhnt, so zu essen, wie man grade isst. Und meint dann, das wären die Instinkte. Mir ist das sowohl bei mir, als auch bei anderen aufgefallen, dass doch vieles sehr gewohnheitsmässig aussieht. Auch bestimmte Abneigungen und Präferenzen scheinen mir einfach ein Akt der Gewohnheit zu sein. Mehr als wir es vielleicht wahrhaben wollen. Und deswegen ist es vielleicht auch so wichtig, sich dieser Gewohnheiten bewusst zu werden und dann gesunde Gewohnheiten zu etablieren. 

Wenn man mal davon ausgeht, dass vieles tatsächlich einfach ne Art Gewohnheit ist, dann ist es eben besonders wichtig, diese mal zu untersuchen und zu schauen, ob man auch wirklich eine ausgewogene Rohkost praktiziert. Oder ob man sich einfach eine unausgewogene Rohkost angewöhnt hat. Warum auch immer. Ich komme ja immer mehr auf den Trichter, das wir einfach auch Kultur-Wesen sind, die eben NICHT jeden Tag die volle Orkos / Tropenkost / was auch immer - Palette zur Verfügung haben, aus der man rein instinktgesteuert auswählt, sondern dass wir uns einfach entlang unserer Präferenzen hangeln und diese irgendwann unsere Essgewohnheit werden. 

Ich hab mir zum Beispiel angewöhnt, oder besser: abgewöhnt, Obst zu essen, weil ich es nicht gut vertrage. Das war und ist aber einfach auch ein Akt der Gewohnheit, die mit bestimmten Bedingungen beginnt, sagen wir eben ein Unwohlsein, dann aber irgendwann ein Selbstläufer wird. Desweiteren hab ich mir angewöhnt, tierische Produkte vornehmlich am Wochenende zu essen, weil ich hier gleichzeitig Zeit zur Entspannung und Regeneration habe, bzw. hatte. Unter der Woche war es einfach nicht passend. Darauf wurde eine Gewohnheit. Und oft hatte ich dann auch pünklich zum nächsten Wochenende "Bedarf". Lustig, oder? 

Oft sehen wir die Dinge einfach zu kompliziert, versuchen da irgendwelche Bedürfnisse, Entgiftungen und weiss der Fuchs nicht alles rein zu interpretieren, dabei sind sie aber meist recht einfach, oder einfacher als wir glauben. Und deswegen sehe ich es als sehr wichtig an, sich eben auch mal seine Essgewohnheiten genau anzuschauen und zu hinterfragen. Sind die erstmal vollwertig? Sind sie ökologisch vertretbar? Habe ich mir angewöhnt, eine Mangelrohkost zu praktizieren? 

Mir ist diese Frage jetzt bewusst geworden, weil ich hier mit vielen Rohies Kontakt habe, und jeder hat nach einer Weile einfach SEINE Essgewohnheiten, die mir kaum nach wirklicher Instinktsteuerung aussehen. 

Ich persönlich lebe hier recht einfach mit viel Gemüse, Kokosnüssen, Avocados, Sesam, Tomaten, Gurken und Rindfleisch, was ich mir gewohnheitsmässig etwas antrockne. Gewohnheitsmässig gehen wir Freitag zum Markt nach Puerto Limon und Samstag haben wir uns angewöhnt, nach dem Markt in Puerto Viejo noch baden zu gehen. Ich hab mir angewöhnt, alles zu Fuss zu bewältigen, früh schlafen zu gehen, Sport zu treiben, morgens Gitarre zu spielen und gekeimte Kokosnüsse zu essen.

Ich mach mir da nichts mehr vor: wir sind viel mehr Gewohnheitstiere als wir wahr haben wollen. Und deswegen ist es eben so immens wichtig zu schauen, ob ich meine gewohnheitsmässige Diät, also das , was ich über lange Zeit als Handlungen etabliert habe, so dass sie nun mehr oder weniger auomatisiert ablaufen, auch so ausgewogen gestalte, dass ich keine Mängel heraufbeschwöre. Bedarf? Instinkt? Spielt unbestritten seine Rolle! Aber man unterschätze eben nicht die wahre Macht der Gewohnheiten. 

Ich konnte ja auch bei einen Beginner-Rohies gut beobachten, wie das so abgeht: man beginnt die Rohkost, nachdem man irgendein Buch gelesen hat, dann beginnt man mit dieser Diät und irgendwann hat man dann bestimmte neue Essgewohnheiten etabliert. Natürlich HOFFT man, dass diese besser und gesünder sind wie die der anderen Menschen, aber man weiss das natürlich nicht wirklich zu 100 Prozent. Aber oft meint man es. So wie der eine nette Kanadier, den ich hier getroffen habe. Der war bzw. ist auf einer 80|10|10 Diät mit vielen Früchten wie Bananen, SEHR vielen Bananen. Er hat dann auch einen recht verkopften Ansatz gehabt und mal ausgerechnet, was er so pro Tag an Kalorien braucht. Dazu hat folgenden Ansatz verfolgt:

Kalorienbedarf pro Tag bei hoher Aktivität: 3.500 Kalorien

Kalorienbedarf des selben Tages für Erholung und Grundumsatz: 3.500 Kalorien

Summe: 7.000 Kalorien pro Tag.

Wo ich das gesehen habe, ist mir glatt die Kinnlade runtergefallen. Eine tägliche Kalorienaufnahme von 7.500 Kalorien. WOW...und der Junge war höchstens 65kg schwer. Und das alles zumeist in Form von fruchtzuckerlastigen Produkten wie Bananen und Mangos, Melonen, Ananas und Papayas. Da hat man irgendwann wirklich keine Fragen mehr. Aber so entstehen Gewohnheiten; wo man auf den ersten Blick erkennt, dass da was nicht ganz stimmig ist. Er war natürlich von der Richtigkeit seines Ansatzes überzeugt. Dr. Graham weiss ja schliesslich, von was er redet! lol

Und so wird eben aus einer Idee irgendwann Handlung und aus vielen Handlungen Gewohnheiten, die oft sehr viel weniger mit Instinkten und Bedürfnissen zu tun haben als man denkt, sondern einfach irgendwann zur Gewohnheit wurden.

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