Simulierte Arbeit

28.10.2014 21:09

So, jetzt haben wir wieder Winterzeit und man kommt erst wieder im Dunkeln aus dem Büro. Oder kurz vorher. Brrrr... da möchte man wirklich lieber mal kurz gen Süden reisen. wobei mich die Temperaturen wenig stören. Im Gegenteil: ich finde es grade sehr angenehm. Der Himmel war ja hier die letzten Tage strahlend blau, mit wunderschönen Sonnenauf- und untergängen. Dazu diese frische kühle Luft. Mir gefällt das wirklich.

Was mir nicht gefällt: ich frage mich, ob ich überhaupt noch arbeitsfähig bin. Mir ist heute erst wieder die Krise gekommen, wenn man stundenlang an einen Bericht bastelt, wo man eh weiß, dass den niemand liest. Zumeist breite sich dann auch eine innere Leere in mir aus und ich habe das Gefühl von Sinnlosigkeit. Es wird überall soviel Papier produziert, verwaltet, delegiert... Wie gesagt, mir kommt das so sinnlos vor. Ich habe immer mehr den Eindruck, als das Arbeit und Beschäftigung nur mehr simuliert wird. Das ist nichts Echtes mehr. Wo man was baut, errichtet, den Garten beackert, was pflanzt, was weiss ich.. sondern es kommt mir rein virtuell vor. Wir machen so, dass wir es brauchen, aber im Grunde ist es nur Beschäftigungstherapie. Aber davon recht viel und woanders hat man gar keine Arbeit mehr. In Spanien sind 50% der Jugendlichen ohne Job. Das sind alles fatale Entwicklungen. Aber um die Menschen mit dem Grundlegensten zu versorgen, braucht man heute kein Millionenheer mehr. Nahrung, Energie, Hausbau usw. das ist aufgrund der extrem gesteigerten Produktivität ja alles von immer wenigen Leuten zu produzieren. Der Rest wird einfach nicht mehr gebraucht. Und so muss man eben die ganze Sache irgendwie aufblähen, sonst würde es noch mehr Menschen geben, die von der Erwerbstätigkeit ausgeschlossen wären.

Und ohne Erwerbstätigkeit kein Einkommen. Ich frage mich eh, wie das die jungen Leute in Spanien machen.

Ich erinnere mich noch gut an ein Projekt in Ö. Wo wir einen Eingriff in ein Schutzgebiet bewerten mussten. Ich hab da drauf geschaut und gesagt, dass es aus den und den Gründen erheblich ist. Dann haben wir aber noch drei Tage lang heftigst diskutiert und gemacht und getan und dann in etwa das geschrieben, was ich gesagt hatte. Da hat man keine Fragen mehr.

Was ich mich aber frage ist, ob es auch an dieser immer mehr aufgeblasenen Arbeit liegt, dass viele Projekte einfach so chaotisch ablaufen. Der Berliner Flughafen ist da ja das Paradebeispiel. Aber vielleicht gehen da in der ganzen aufgeblasenen Arbeitswelt der Blick fürs Wesentliche verloren. Man muss sich ja mal vorstellen, dass man früher die weltweit zu findenen Pyramiden gebaut hat, Dome und Kirchen, riesige Festungen, Brücken und dergleichen und das alles ohne Computer und viel Papierkrieg.

Man muss sich das mal vorstellen: jedes Jahr streben MILLIONEN von Menschen neu auf den weltweiten Arbeitsmarkt. Alle wollen verdienen, wollen ein schönes Leben, ein Handy, einkaufen im Supermarkt, ein Auto, Häuschen, Fernseher usw. Dazu braucht man Arbeitsplätze. Und dass alles natürlich Arbeitsplätze mit hohem Energie und Ressourcheneinsatz. Und dabei braucht man einfach nicht mehr so viele Menschen, um das zu produzieren. Nach der Wende waren im Osten übernacht die Läden mit "West"produkten voll. Da hat man mal die Leistungsfähigkeit der westlichen Wirtschaft gesehen. Wir brauchen zur Grundversorgung der Menschen einfach nicht mehr so viele Arbeitsplätze wie noch zu Zeiten als 70% in der Landwirtschaft gearbeitet haben, weil sie mussten. Heute braucht es nur einen Bruchteil, um die Menschen mit guten Produkten zu versorgen.

Ich glaube, dass wir irgendwann in nicht mehr zu ferner Zukunft wieder einen Wandel erleben werden. Ich habe das Gefühl, dass immer mehr Menschen keine Lust mehr haben, diese simulierte Arbeit zu verrichten. Aber die braucht es, um die Leute auf breiter Masse zu beschäftigen. Wenn es nur um die Versorgung mit Konsumgütern gehen würde, würden doch 10% der Leute ausreichen. Der Rest ist im Grunde überflüssig für die Bereitstellung von Konsumgütern. Und wen man wirklich mal haltbare Sachen produzieren würde, vllt sogar noch weniger.

Früher hat man diese Probleme ganz einfach gelöst: überflüssige Menschen hat man in Klöster und in die Armee gesteckt und dann immer wieder mal einen Krieg vom Zaun gebrochen, wo man die überflüssigen Menschen verheizt hat. Und die Enthaltsamkeit ist ja auch irgendwo darin begründet. Das geht aber heute zum Glück nicht mehr. Hoffe ich zumindest. Also musste man etwas anderes erfinden. Simulierte Arbeit eben. Man macht so, als hätte man etwas sauwichtiges zu tun, aber wenn man genau hinschaut, ist es sinnlos, und für die Bereitstellung von Konsumgütern und der Versorgung der Bevölkerung eigentlich irrelevant. Vollkommen irrwitzig wird es, wenn man über diese Fake-Arbeit auch noch so viel zu tun hat, dass man das eigentliche aus dem Augen verliert.

Heute habe ich diesen Artikel gelesen: www.spiegel.de/schulspiegel/ausland/schlafmangel-in-japan-japanische-schueler-schlafen-zu-wenig-a-999638.html

Hier muss man natürlich wirklich mal fragen, ob da nicht etwas grundsätzlich schief läuft. In China und Taiwan haben die Mehrzahl der Jugendlichen eine Brille, sind also seh-BEHINDERT. Und da werden die Kinder mit nur 5 Stunden Schlaf abgespeist, weil es die Alten vormachen. Das ist ja alles nicht mehr gesund. ABER, wehe, wenn sie so aufgewachsen wären wie ich. Mittags aus der Schule und dann ab auf den Fussballplatz. Nur draussen, im Winter noch im Wald Würstchen gegrillt. Vielleicht ist es deswegen, dass ich das Gefühl habe, hier nicht mehr richtig rein zu passen. Vielleicht ist es das Unterbewusste, was sich gegen etwas wehrt.

Man stelle sich das wirklich mal vor: wir würden Konsumgüter produzieren, die man nicht mehr kaputt kriegt, so wie meinen DDR - Taschenrechner, der seit 28 Jahren mit der ersten Batterie läuft. Wo man Autos baut, die dann ein Leben lang halten. Schuhe, die so robust sind, dass drei Paar reichen. Kühlschränke, Waschmaschinen, Fernseher, Uhren dito. Wo wir über die Leute, die es nötig haben, zu protzen und viel zu haben, lachen würden. Wo wir in Häusern wohnen, die eine angemessene Größe haben. Wo wir Klamotten haben, die zeitlos schön sind (den Tag hab ich einen schönen Spruch über Trachten gelesen) usw usw...

Wir brauchen einfach ein anderes Wirtschaften, wo die Grundbedürfnisse erfüllt sind und darüber hinaus sinnvolle und erfüllende Tätigkeiten zu verrichten sind. Wo man seine Kinder nicht schon im Säuglingsalter Fremden anvertrauen muss, um wieder auf Arbeit (die zumeist simuliert ist) zu rennen und ein Einkommen zu generieren, dass reicht, um zu überleben, und das, wo von allem einfach ausreichend da ist, weil wir so immens produktiv sind. Das ist ja aööes der reine Irrsinn!!! 

Hier wird Kreativität gefordert sein. Vielleicht ist eine Idee wie das bedingungslose Grundeinkommen hilfreich, oder was weiß ich. Nur so kanns auch nicht weitergehen, dass sind ja schon irrwitzige Auswüchse:

herrnb.blog.de/2011/02/20/wirtschaftsmotor-vorsaetzliches-kaputtgehen-lassen-10644370/ und hier der Megahit:

www.zeit.de/gesellschaft/2014-10/apple-facebook-einfrieren-eier-frauen

Aber irgendwie machts auch wieder Sinn. :-D

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