Verstädterung - ist das gesund?

19.10.2014 19:45

Heute hatte ich ein interessantes Gespräch, wo es um die zunehmende Notwendigkeit ging, in die Städte zu siedeln, da auf den Dörfern das Angebot an Einkommen, schulischer Bildung, medizinischer Versorgung, Lebensmitteln usw immer weiter abnimmt. Nun ist die Verstädterung durchaus ein weltweit auftretendes Phänomen. Das macht es aber nicht weniger problematisch. Aber grade wenn man Kinder hat oder ins Rentenalter ist, können Dörfer zuweilen echte Probleme aufwerfen. Waren früher bei uns im Dorf noch Lebensmittelhändler, Sattler, Schuster zu finden, haben viele Leute große Gärten gehabt, wo man sich zum Großteil selber versorgte, so ist das seit einigen Jahren fast vollkommen weggebrochen. Damit wird aber eine abwärtsführende Spirale losgetreten, die man nicht mehr aufhalten kann. Mit abnehmenden Angebot ziehen die Leute in die Städte, ganze Dörfer veröden und damit werden ganze Landstriche entvölkert. Übrig bleiben die Schwachen, die Alten, die paar Bauern. MecPom kann da ein Lied von singen.

Die Städte wiederum kämpfen mit dem Ansturm der Massen und fressen sich wie Krebsgeschwüre in die Landschaft. Diese Landschaft, die dann zumeist zur Produktion von billigen Lebensmitteln herhalten muss. Tatsächlich saugen die Städte das Land ringsrum aus. Menschen, Güter, Ressourchen, alles geht in die Städte, da man dort auch die Produkte rentabler verkaufen kann und ein besseres Leben erhofft. Früher wohnten mehr Leute auf den Dorf, und betrieben eine extensive Landwirtschaft, die eine enorm reichhaltige Kulturlandschaft hervorbrachte. Extensive Landwirtschaft ist heute ein Luxusgut, dass europaweit subventioniert wird. Wir bezaheln quasi Bauern aus der Gemeinschaftskasse Geld, damit sie sich dem Markt entziehen und eine Landwirtschaft betreiben, die die alte Kulturlandschaft erhält. Das ist nur mehr simuliertes Wirtschaften. Würde man das nicht machen, würde es ab morgen unrentabel. Die Nachfrage nach billigen Lebensmitteln kommt aber zumeist aus den Sädten, da hier die meisten Menschen wohnen.

Es kommt noch ein weiterer Punkt hinzu, der die Lage verschärft: auch die Menschen auf den Dörfern sind heute so mobil, dass sie nicht mehr auf die Produktion im Garten angewiesen sind, sondern die Produkte preiswert, weil industriell gefertigt, im Supermarkt kaufen können. Somit kommt es zu weiteren Velusten an (Garten- und Landschafts) Kultur. Wie gesagt, man versucht das mit teuren Subventionsprogrammen zu verhindern, aber grundsätzlich ist der Trend aus meiner Sicht nicht mehr aufzuhalten.

Man kann es den Menschen aber auch nicht verdenken, in die Städte zu siedeln, Gründe siehe oben. In der Schweiz ist man mittlerweile schon an den Punkt angekommen, dass man ganze Ortschaften, die irgendwo in den Bergen liegen, aufgeben wird. Diese Orte existieren nur noch, weil man Geld in die Hand nimmt, diese Orte vor den Lawinen, Muren und dergleichen zu schützen. Das haben die früher selber gemacht. Heute aber gehen viele weg und die Orte können im wahrsten Sinne des Wortes nicht mehr gehalten werden.

So werden Städte zu den bestimmenden Faktoren in der Gesellschaft, da hier die meisten Menschen leben. Gleichzeitig ist diese Entwicklung aber so heikel, denn mit dem Wegfall der bäuerlichen Selbstversorgung steigen die Chancen, bei einer Krise eine echte Katastrophe zu erleben.

Wie das? Na gut, heutzutage ist die Versorgung in den Städten 1a. Das ist aber nur so, weil mittels ausgeklügelter Organisation eine entsprechende Lebensmittelsicherheit erreicht wurde. Sollte es mal eine Krise geben, die diese Versorgung beeinträchtigt, werden die Städte zu Todesfallen. Denn, und das bedenkt kaum jemand, im Umland gibt es anders als noch nach dem zweiten Weltkrieg, kaum noch Bauern und kleine Leute, die sich die Kartoffeln in den Keller legen, ein Schwein schlachten oder Rüben anbauen. Denn auch die haben mehr und mehr diese alte Kultur der Selbstversorgung aufgegeben und fahren in die nahe Kreisstadt zur Versorgung.

Sollte es also mal zu einer Krise kommen, dann ist das, was grade in den Supermärkten liegt, Ruck zuck aufgefuttert. Und dann? Selbst wenn man jetzt ausschwärmt in die umliegenden Dörfer... da wohnt keiner mehr und wenn, dann Leute, die ebenfalls ihre Versorgung auf den Supermarkt ausgerichtet haben. Anders als noch zu DDR Zeiten, wo meine Großeltern einen großen Garten hatten, Hühner, Enten, Gänse, Schweine und Kaninchen hielten, kiloeise Obst eingekocht haben und und und, sind diese Strukturen vollkommen weggebrochen. Es gibt noch ein paar Enthusiasten, wie meine Eltern, aber der Großteil hat diese Art der dörflichen Selbstversorgung vollkommen aufgegeben.

Und hier liegen aus meiner Sicht enorme Gefahren! OK, solange wie es so weiter läuft, ist es kein Problem, aber wehe irgendwann kommt man eine Krise, die zu einem Stillstand der Organisationsstrukturen führt. Dann kann selbst der Bauer nichts mehr anbauen, fusst doch auch sein Wirtschaften auf den Großeinsatz von Diesel oder anderen Energieträgern, sowie entprechender Technik.

Je mehr sich die Gesellschaft also von ihren eigenen Grundlagen entfernt, desto wackliger und anfälliger wird das Gebilde. Wenn ich lese, dass mittlerweile 85 Prozent der Deutschen heute in Großstädten, Städten und Städtchen leben, so kann das in einer Krise zu einer echten Falle werden. Daran ändern auch die paar Geruilla-Gärtner nichts. 

Und jeder kann sich denken, dass die paar Bauern, die es noch gibt, diese Menschenmassen nur aufgrund enormen Energie- und Technologieeinsatzes versorgen können. Und jetzt fallen mir auf Anhieb einige Szenarien ein, die dies erschweren oder gar verunmöglichen. Das ist so eine immense Gefahr! Es braucht nur eine ähnliche Panik aufkommen wie grade in den USA bezüglich Ebola. Und dann vielleicht berechtigt. Dann fressen sich die Leute in Deutschland gegenseitig auf. 

Ich verstehe garnicht, wieso man diese Gefahren nicht erkennt und gegenseuert! Diese Struktur, wie sie in D vorherrscht, ist doch extrem anfällig! Wie gesagt, es braucht nur irgendwas, was die Versorgung der Stadtbevölkerungen behindert oder gar unterbicht und die Leute sitzen wie die Mäuse in der Falle. Und wie gesagt, selbst ein Ausschwärmen in die Umgebung bringt nicht viel! Denn die Menschen auf den Dörfern haben auch nichts mehr im Keller!! Da hängen nur noch bei den Wenigsten Würste und Schinken in der Speisekammer.

Wie gesagt, mir kamen diese Gedanken heute spontan im Gespräch im Familienkreis, da da auch die Idee eines Umzugs in die nächste Stadt angedacht war. Aber klar, jeder geht immer davon aus, dass nichts passiert und das alles so weite geht und dann machen die Vorteile natürlich Sinn. Ich sehe es ja bei mir auch grade. Herrlich bequem. Aber vielleicht ist es auch eine trügerische Ruhe....

Die Zahl der Bauern ist bei uns drastisch zurückgegangen. Dennoch steigt die Leistung der Landwirtschaft ständig.

Ja freilich, durch enormen Energie - und Technikeinsatz! Natürlich sind auch wissenschaftliche Erkenntnisse dafür verantwortlich, aber grade heute habe ich die Leute bei der Kartoffel und Zuckerrübenernte beobachtet. Da fahren riesige Maschinen auf den Feldern rum. 

Ich will nicht unken, weil ich nicht an Weltuntergangsszenarien glaube und auch recht immun gegen Verschwörungsthearien bin. Anderseits fallen mir auf anhieb einige unschöne Events ein, die zu solchen Problemen führen können. Irgendeine Seuche, Terrorismus, militärische Konflikte... wie gesagt, solange alles einigermassen läuft ist es kein Problem. Wie auch die Atomenergie. Aber wehe es passiert mal etwas. Und die Vergangenheit hat ja gezeigt, dass das keine unrealistische Einschätzung ist.

Was lernen wir daraus? Dass reife Volkswirtschaften zunehmend ihre Resilienz verlieren. Wenn wie vor 100 Jahren 75% der Leute in der Landwirtschaft tätig sind, noch dazu mit vergleichweise einfacher Technik, dann kann das System Störungen relativ schnell wieder ausgleichen. Wenn es denn überhaupt anfällig für Störungen ist. Wenn aber nur noch 1% in einer hochtechnisierten Landwirtschaft tätig sind... dann kann das System schon bei kleineren Störungen empfindlich aus dem Gleichgewicht geraten. 

Ist es nicht erstaunlich, wie in unserer Gesellschaft immer für alles mögliche vorgesorgt wird? Dass man immer mit dem Schlimmsten rechnet, sich dagegen zu versichern trachtet? Da werden einen allerlei Versicherungen verkauft, Impfungen aufgeschwatzt, Sicherheitstechnik beworben aber dann bei solch entscheidenden Fragen, die die Gesamtheit der Menschen betriff, wird nichts unternommen, diese heikle Entwicklung zu stoppen. Schon sehr erstaunlich.

Man ist wahrscheinlich so stolz auf diese hochtechnologisierte Industriegesellschaft und so mit unsinniger Panikmache (Ebola, Russland, IS) beschäftigt, dass man den Blick für die realen Gefahren verloren hat. Und die existieren. Mir kommts so vor, wie ein Trupp Bergsteiger, die mit stolzer Brust kurz vor dem Gipfel sind, bis einer mal sagt: "Eh Leute, ist euch schonmal aufgefallen, dass das Seil da hinten durchgeschrubbelt ist?" - solange wie es hält, hälts...solange ist das System "Bergsteiger" im Gleichgewicht...

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