Blowbacks oder Zivilisation im Niedergang

21.05.2018 18:17

Ein Thema dieses Blogs ist ja mittlerweile die Analyse und das (endlose) Aufzählen der ganzen Rückschläge, die sich aus dem falschen Leben, das wir führen, ergeben.

Aber fangen wir mal ganz vorne an: was ist überhaupt ein Blowback? Wikipedia sagt dazu:

Als Blowback (englisch für Rückstoß) wird in der Fachsprache der Geheimdienste der unbeabsichtigte Effekt bezeichnet, bei dem inoffizielle außenpolitische Aktivitäten oder verdeckte Operationen später negativ auf deren Ursprungsland zurückfallen.

Solche Effekte, die negativ auf "uns" zurückfallen sind eben überall mittlerweile zu finden. Klimawandel. Der Klassiker unter den Blowbacks. Bienensterben, Versauerung der Meere, Mikroplastik in der Nahrung usw usw... aber auch abnehmende Intelligenz und Verfettung der Menschen.

Jetzt schaue ich gerade dieses Video: www.youtube.com/watch?v=T9Tg2QtpP7A

Im Video sprechen sie darüber, dass die amerikanische Armee (und nicht nur die, sondern alle westlichen Armeen haben diese Probleme) kaum noch geeignete Leute für die Special Forces finden und das der Pool an Leuten, aus denen man solche Spezialtruppen rekrutieren kann, immer kleiner wird. Für solche Spezialkräfte braucht man intelligente und fitte Leute und die gibt es immer weniger. Der Hauptgrund ist Fettleibigkeit. Die Jugendlichen werden anscheinend immer dicker und nicht nur dicker, sondern es gibt immer mehr Bewegungslegasteniker. Früher hiessen die Spastis und waren die Ausnahme, heute scheinen immer mehr junge Menschen Probleme mit Bewegungskoordination und generell ihren Körper zu haben.

Ich sehe es mal ganz positiv: das ist der letzte Schritt vor der Rohkostrevolution! :-D

Irgendwann, wenn alles so im Arsch ist, dass nichts anderes mehr geht, kommen die dann auf Rohkost und dann gibt es den Durchbruch auf breiter Front. Wir müssen also nur Geduld haben! lol

Im Ernst: also ob man sein Talent dazu einsetzten sollte, andere Menschen umzubringen, sei mal dahingestellt, aber dass wir in der Hinsicht wirklich Probleme haben, ist unbenommen. Die Kids können auch heute immer schlechter Rad fahren:

www.jumpradio.de/thema/kinder-haben-probleme-beim-fahrradfahren-lernen-100.html

Wir haben damals Radfahren gelernt und dann gings los und das Rad wurde zum beliebtesten Fortbewegungsmittel. Und heute?

In den letzten 25 Jahren hat sich das Freizeitverhalten enorm verändert. Bewegung und das Herumtollen an der frischen Luft steht nicht mehr im Vordergrund. Die Kinder führen mehr sitzende Tätigkeiten in der Freizeit durch: Am Computer sitzen und Computerspiele machen - und sich einfach nicht mehr genügend bewegen.

Wir sind damals auf dem Fussballplatz groß geworden. Und am Badeteich und im Winter auf diesen Eishockey spielend. Immer draussen, auf Bäume klettern, Buden bauen, Fussball, Radhasche, Eishockey spielen. Später dann tanzen in der Disco. Der Körper wurde selber zum Spielzeug und diese Bewegung war auch gut für die Gehirnentwicklung.

Und heute? Geisterfahrer schon im Kindesalter.

Das geht aber noch weiter: damit wird auch die Selbsteinschätzung verzerrt. Wenn man nur ein PC-Held ist und nur virtuelle Muskeln hat, dann hat man auch eine verzerrte Selbstwahrnehmung. Sehr gut gezeigt wurde das mal in einer Doku über die Kölner Sporthochschule, als man einen Aufnahmeprüfungstag begleitete. Da haben sich Jugendliche angemeldet, bzw. haben die Aufnahmeprüfung versucht zu absolvieren, die keine fünf Klimmzüge hinbekommen haben. Und das war nicht die Ausanhme, das war die Regel.

Muss man sich vorstellen: die wussten alle, was sie da an Leistungen abliefern müssen, um aufgenommen zu werden, aber sie sind dennoch hin und haben es probiert. Und sind natürlich massiv gescheitert. Die dachten aber wirklich, sie schaffen es. Es gab dann noch ein Interview mit einer Frau, die schon sehr lange die Aufnahmeprüfungen leitet und sie sagte auch, es wird immer schlimmer (und war ganz entgeistert, dass sich so viele an der Aufnahmeprüfung probieren, obwohl sie zum Sportstudium NULL Eignung hatten). Die Doku müsste es auch auf youtube geben, für alle, die sich dieses Elend mal anschauen wollen.

Es ist wie es ist...

Tragisch ist nur, dass selbst Kinder, die sich bewegen wollen, eben einem Gruppenzwang unterliegen und dann eben gar keine Mitspieler auf dem Fussballplatz mehr finden, wenn die lieber irgendwo Games am PC zocken.

Aber für alle, die sich darüber wundern: aus der Perspektive des Systems ist das alles nur logisch und nachvollziehbar.

Es ist der ewige Kampf um Wachstumsmärkte und man muss sich nur fragen, was bringt gesamtwirtschaftlich mehr, was lässt die Summe aller Waren- und Dienstleistungen wachsen?

Kinder mit einem alten Lederball wie wir früher, die gemeinsam Spaß haben, oder Kinder mit neuen Bällen, schnieken Fussballschuhen und 100€-Bayern-München Trikot oder Kinder, die Games spielen, ständig Nachschub an Spielen brauchen, und irgendwann krank sind, so dass sie ganze Heerscharen an Physiotherapeuten und Ärzten beschäftigen?

Die Kids mit einfachen Turnschuhen und alter Knolle sieht man nur noch in Afrika. Hier wird sich zum Spielen schon der passende Adidasschuh und das entsprechende Trikot des Lieblingsvereins, zumeist Bayern oder Dortmund oder anderen großen Aktiengesellschaften, angezogen.

Dahinter steht eine milliardenschwere Industrie, die Psychologen, Werbefachleute, Videofilmer, Internetdesigner und Marktforscher beschäftigt. ALLES nur, um Wachstum zu generieren. Und das Ergebniss sind dann eben Kinder, die kein Rad mehr fahren können, oder nicht richtig, die sich unwohl und fremd im eigenen Körper fühlen, die fett werden und schon im Kindesalter den Grundstein für die ganzen späteren Wehwehchen legen, weil sie eben von Anfang an auf einen für den Körper und die Gesundheit falschen, aber für die Wirtschaft goldrichtigen Weg gelockt werden. Wie es Erich Fromm schon vor 40 Jahren postulierte:

"Eine gesunde Wirtschaft ist gegenwärtig nur um den Preis kranker Menschen möglich. Unsere Aufgabe ist es, eine gesunde Wirtschaft für gesunde Menschen zu schaffen." - Die Kraft der Liebe

Bis zu meiner Generation mussten alle Kinder, wenn sie Spass haben wollten, irgendwie ihren ganzen Körper benutzen. Schwimmen, laufen, spielen, radfahren, klettern... und alle Menschen, die sehr alt wurden, mussten oft schon frühzeitig arbeiten. Im Garten, in der Landwirtschaft, wo auch immer. Und die haben das eben zumeist bis ins hohe Alter gemacht. Wie unsere Nachbarin. Die ist knapp 99 geworden und hat bis zu Schluss noch was im Garten gemacht. Wurde in den letzten Jahren natürlich immer weniger, aber sie hat bis zum Ende ein kleines Erdbeerbeet gehabt, und noch andere Sachen angebaut.

Und heute können die Kinder nicht mal mehr richtig Rad fahren.

Auch hier wieder: es gibt eigentlich keine Umkehr. Sowie man das umkehrt, brechen irgendwo Märkte ein, können Investitionen (Kredite) nicht zurückgezahlt werden, schrumpft der Gewinn, sinken die Aktienkurse von irgendwelchen Firmen. Am Ende werden Menschen arbeitslos, ohne dass es Mechanismen gibt, die wieder sinnvoll zu beschäftigen. Schlimmer aber: die Banken schreiben rote Zahlen. Und das geht nicht.

Deswegen geht das System immer nur in eine Richtung. Neue Märkte, mehr Absatz, mehr Gewinn. Dafür wird ALLES eingesetzt, was geht, bis hin zu Psychologen, die den Menschen bis ins Kleinste erforschen, um alle Schwachstellen rauszufinden, wo man einhaken kann, um wieder irgendwelche Trends zu kreiieren und Produkte abzusetzen.

Und dieses System erzeugt dann eben immer mehr negativen Effekte.

Und da wir, wie Maaz es klar rausgearbeitet hat, narzisstische Mängel haben und somit süchtig geworden sind, werden wie alle in gleichem Maße zum Motor dieser Entwicklung. Manche ganz bewusst, die meisten sind sich dessen nicht bewusst.

"Unsere Konsum- und Marktwirtschaft beruht auf der Idee, dass man Glück kaufen kann, wie man alles kaufen kann. Und wenn man kein Geld bezahlen muss für etwas, dann kann es einen auch nicht glücklich machen. Dass Glück aber etwas ganz anderes ist, was nur aus der eigenen Anstrengung, aus dem Innern kommt und überhaupt kein Geld kostet, dass Glück das 'Billigste' ist, was es auf der Welt gibt, das ist den Menschen noch nicht aufgegangen."

Nicht in der Masse, nein.

Und da man eben das verloren Glück (Liedloff) nicht mehr nachholen kann oder die mangelnde Liebe in der frühen Kindheit, muss man eben irgendwie kompensieren. Und da das aber nie wirklich sättigt, na ja, wird es zum süchtigen Verhalten. Und genau das sehen wir.

Und diese Entwicklung wird noch weiter gehen. Wie gesagt, im System ist kein Abbremsen, kein Schrumpfen, kein Umkehren angelegt. Nur mehr Wachstum, mehr Gewinn, mehr Umsatz. Das ist so ein bisschen wie Krebs, der sich immer mehr in den Körper reinfrisst und alles, was noch gesund ist, für sich und sein Wachstum nutzt. Na ja, und Gesellschaften, die solche krankhaften Systeme haben, können sich natürlich nicht gedeihlich (wirklich schönes Wort, Danke Harald!! :-)) entwickeln.

Und wir sehen ja auch den Niedergang. Auf vielen Ebenen. Der Peak Wohlstand, Bildung Kultur, Wissenschaft war wahrscheinlich irgendwo in den 90ern.

Wie auch immer.

Der Bewusstseinswandel kommt so oder so. Entweder durch Einsicht in einem frühen Stadium der Krise, oder durch deren Eskalation.

Und wie sagte der Maaz: vielleicht brauchen wir eben die Klimakatastrophe, um zur Vernunft zu kommen, weil wir uns aus Einsicht heraus nicht ändern können und wollen, wie eben Generationen vor uns ihre Krisen brauchten.

Die Amerikaner haben aber so wie wir auch (Freund von mir ist Ausbilder beim Bund) massive Probleme, weil die Jugendlichen heute eben erhebliche Defizite haben, die Sportschulen beklagen das gleiche Problem, die Schulen dito. 

Na ja, aber der Rubel rollt! Und nur das zählt.

(Quelle: news.browsergames-top-10.de/wp-content/uploads/2012/02/umsaetze-onlinespiele-deutschland-2003-2015.png)

Dazu passend möchte ich mit einem weiteren Zitat von Erich Fromm schliessen:

"Glücklich sein heißt immer neuere und bessere Waren konsumieren, sich Musik, Filme, Vergnügen, Sex, Alkohol und Zigaretten einverleiben. Jedermann ist »glücklich« nur fühlt er nichts, kann er nicht mehr vernünftig denken und kann er nicht mehr lieben." - Wege aus einer kranken Gesellschaft

Wir sind keinen Schritt weiter als vor 40 Jahren.

 

 

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