Werden Tiere auch krank?

09.01.2013 20:07

Eines der hartnäckigsten Märchen, die man in den vielen Rohkostbüchern lesen kann ist, dass Tiere nicht krank werden! Nun, hier muss ich leider etwas einbremsen, denn das ist schlichtweg falsch! Aus meiner Sicht wird hier einfach nicht richtig recherchiert und es wird die Natur glorifiziert und die Fakten werden einfach weg argumentiert. "Die Natur hat auch ihre Toten" bemerkte mein Vater mal treffend, als ich in einer Diskussion dieses Argument brachte! Aber schauen wir uns mal an, welche Krankheiten Tiere zum Beispiel befallen und mit welchen Problemen sie nicht rechnen müssen!

Viele Tierarten haben oft speziell für sie vorkommende Viren oder Bakterien, die sie befallen und die somit in einigen Fällen populationssteuernd wirken können. Zu nennen wäre hier z.B. die Tollwut oder auch die Räude, die zumeist geschwächte Tiere befällt und somit die Gesamtfitness der Population erhöht, indem sie nicht so widerstandsfähige Tiere aussortiert, ähnlich, wie es Predatoren, also Raubtiere tun. Tiere werden z.B. anfällig, wenn bestimmte Nahrungspflanzen nicht vorhanden sind oder wenn generell eine Schwächung des Organismus infolge von Stress eintritt. Stress wiederum wird im Tierreich oft durch Nahrungsmangel, durch erhöhte Populationsdichte, erhöhtem Prädatorendruck oder durch innerartliche Konkurrenzkämpfe um den Zugang zu Ressourchen wie paarungswilligen Weibchen, Revieren oder Nahrungsquellen verursacht. Stress wiederum beeinträchtigt das Immunsystem der Tiere, so dass die schwächeren und älteren Individuen durchaus krank werden können. (1)

Auch sind Erkältungskrankheiten nicht unbekannt im Tierreich! Viele Tierarten sind an bestimmte Klimate und Wetteroptimas angepasst. Wenn diese sich aufgrund von Änderungen im Großklima auch lokal zu stark ändern, das kann zum Beispiel das Eintreten von nasskaltem Wetter in ansonsten eher kalttrockenen Klima sein oder auch längere Regenfälle als gewöhnlich oder Kälteeinbrüche, so sind auch im Tierreich Erkältungskrankheiten bekannt, bzw. sind dies auch Faktoren, die Einzelindividuen schwächen und somit zu weiteren Infektionen mit Krankheitserregern führen können, die interessanterweise oft sogar schon im Körper des Tieres oder in der Gesamtpopulation verweilen und nur dann akut werden und ausbrechen, wenn eben das Immunsystem aus unterschiedlichesten Gründen beeinträchtigt wird. Auch hier werden die Tiere mit dem schwächsten Immunsystemen aussortiert, so dass sich die Gesamtfitness der Population erhöht, bzw. auf einem hohen Niveau verweilt, da sich die kranken Tiere nicht mehr fortpflanzen können.

Als klassisches Beispiel ist hier der Moschusochse zu nennen, ein normalerweise sehr robustes Tier aus der Unterfamilie der Ziegenartigen, welcher sich optimal an die Bedingungen der arktischen Tundra angepasst hat! Nasskaltes Wetter allerdings kann durchaus zu Krankheit und Tod führen ("Die an eine überwiegend trockene Umgebung gewöhnten Tiere sind besonders gefährdet: Nässe führt bei ihnen nicht selten zu tödlich endenden Erkältungskrankheiten." [2])

Oder auch Kängurus in Australien, die sich Erkältungskrankheiten zuziehen können, wenn es in bestimmten Gebieten länger als gewöhnlich regnet und die Temperatur fällt! Leider fehlt mir hier der Link, da ich dies mal in einer Dokumentation gesehen habe.

Auch die Gorillas der Virunga Berge, die durch menschlichen Besiedelungsdruck auf 3.000m Höhe verdrängt wurden, eine Höhe, die auch in Afrika empfindlich kalte Nächte kennt, haben z.T. mit Infektionen der Atemwege zu kämpfen.  Das Ergebnis sind hohe Sterblichkeiten an Lungenentzündungen bei Jungtieren. Und anders als Menschen sind viele Tiere eben nicht in der Lage, sich in wärmende Behausungen zurückzuziehen oder sich ein heißes Bad einzulassen.

Man kann aber etwas sehr schön erkennen:

1. Es sind zumeist recht wenige Krankheiten, die bestimmte Tierarten befallen.

2. Stress ist auch im Tierreich einer der größten "Krankmacher"

3. diese Krankheiten wirken zumeist "auslesend", sprich, die Tiere mit den schwächsten Immunsystemen werden aussortiert, was zur Wahrung und Erhöhung der Fitness der Gesamtpopulation führt.

4. Erkältungskrankheiten sind oft eine Folge von ungewöhnlichen Wetterereignissen, an die die Tiere nicht angepasst sind, eben weil sie selten sind und somit ihre Fähigkeit zur Abwehr überfordern.

Die Schlussfolgerung, dass Tiere nicht krank werden, ist also so nicht ganz richtig!

ABER!!! :-)

Was jedoch richtig ist, ist die Tatsache, dass die Tiere nicht an Zivilisationskrankheiten wie Diabetes, Karies, Paradontitis, Kieferfehlstellungen, Herz-Kreislauferkrankungen, Bluthochdruck, Neurodermitis und Schuppenflechte leiden. Also Krankheiten, die in erster Linie ernährungsbedingt sind!

Schaut man sich hingegen die Krankheitspalette der Haustiere an, so fällt erschreckend auf, dass diese sich sehr viel mehr mit Krankheiten rumplagen müssen (4). Und setzt man eben auch Wild-Tiere auf eine typische Wohlstandsdiät, so werden auch sie von "typisch menschlichen" Krankheiten befallen. Und das schon innerhalb weniger Generationen. (5)

Grundsätzlich kann man also festhalten, dass es mit der Domestizierung und der nicht mehr angepassten Ernährung der domestizierten Lebewesen, egal ob Tier oder Mensch, zur Erhöhung der reinen Anzahl von Krankheiten kommt! Was natürlich den Umkehrschluss zulässt, dass mit einer Rückkehr zu einer Diät, welche der Genetik dieser Lebewesen entspricht, diese Krankheiten geheilt, gelindert oder auch verbessert werden können. Inwieweit Degenerationen infolge von unangepasster Ernährung wieder rückgängig gemacht werden können, bleibt abzuwarten!

Reduziert man darüber hinaus Stress und wählt seinen Partner nicht durch eine durch die Pille irritierte Nase (6), dann sind wirkliche Gefahren für die Gesundheit auch der nachfolgenden Generationen recht überschaubar! Und da der Mensch darüber hinaus die Fähigkeit zur Intelligenz besitzt, sind auch hier die wirklichen Spielfelder der Medizin!

Tiere wissen z.B. ganz genau, welche Pflanzen bei bestimmten Krankheiten helfen! So hat Sepp Holzer ein wunderbares Beispiel in einem seiner Bücher publiziert: Rehe, welche z.B. an Parasiten erkrank sind, fressen instinktiv bestimmte Giftpflanzen, die sie vorher nicht annehmen. Trennt man sie mittels Zaun von diesen Pflanzen ab, so verschlimmert sich die Infektion (Sepp Holzer, Konrad Liebchen: Sepp Holzer – Der Agrar-Rebell. Mit einem Vorwort von Prof. Dr. Bernd Lötsch. Leopold Stocker Verlag, Graz 2002, ISBN 3-7020-0970-1. /Wo ein Wille da ein Weg – Naturheilwissen, Erfahrung & Kräuterpraxis des Agrar-Rebellen. Inklusive Audio CD. Kneipp Verlag, Leoben 2006, ISBN 3-7088-0368-X.).

Ebenfalls fressen Schimpansen bei Parasitenbefall während der Regenzeit die Blätter bestimmter Pflanzen, welche sie unzerkaut runterschlucken, so dass die Parasiten mit dem rauen Blattwerk ausgekackt werden. Oder sie fressen das sehr bittere Mark des Strauches Veronica amygdalina, der im Westen von Tansania wächst und von Schimpansen bei Bedarf gefressen wird und welches durch die enthaltenen Gerbstoffe eine abführende Wirkung entfaltet (6). Nicht selten haben die Menschen diese Pflanzen dann ebenfalls genutzt, eben weil sie die Tiere beobachtet haben.

Hier wiederum kann der Naturfreund eine sehr interessante Beobachtung machen! Und sich durchaus die Frage stellen: wie funktioniert das? Woher weiß sowohl das Reh, also auch der Schimpanse (und viele andere Tierarten dito), was sie fressen müssen, wenn sie sich einen Parasiten eingefangen haben? Haben sie ein Medizinbuch gelesen? Hat ihnen es Mutti gezeigt? Und woher wussten die Vorfahren dass? Funktioniert das Erklärungsmodell auch bei weniger sozialen und intelligenten Tieren? Oder kann man hier eine andere Erklärung finden?

Wenn man z.B. eine Weile instinktive Rohkost praktiziert, so fällt auf, dass sich die Wahrnehmung der Gerüche von natürlichen Nahrungs- und Heilmitteln permanent ändert. Obwohl dem Apfel oder dem Heilkraut immer die gleichen oder zumindest ähnlichen Gerüche entströmen, so ist meine Wahrnehmung doch abhängig von meiner Stoffwechsellage und meinem körperlichen Bedarf.

Das heißt, Produkte, welche ich grade brauche, werden als anziehend und lecker wahrgenommen, während andere Produkte, die ich grade nicht brauche (auch "giftige" Heilkräuter) zumeist einen abstossenden / langweiligen Geruch und abstossenden / bitteren Geschmack haben.

Das heißt also, dass dem Reh die meiste Zeit das giftige Kraut unangenehm oder auch langweilig riecht und erst bei einem Parasitenbefall ändert sich die Wahrnehmung des Geruches! Plötzlich wird der Geruch der Pflanze als angenehm wahrgenommen und das Tier beginnt zu fressen. Und zwar genausoviel, dass eine medizinische Wirkung eintritt und keine Vergiftung, denn diese hätte eine weitere Schwächung und somit eine erhöhte Gefahr durch zur Folge. Aber woher weiß das Reh, wann genug ist? Nun, wahrscheinlich schlägt der Geschmack ins unangenehme um und das Tier hört auf mit dem Äsen.

Gleiches kann man auch für die Schimpansen annehmen, wenn sie das bittere Mark dieser Heilpflanzen fressen. Wahrscheinlich schmeckt es ihnen in der Regel grauslich bitter, doch plötzlich verströmt die Pflanze einen angenehmen Duft und das ehemals saubittere Mark schmeckt tatsächlich lecker! Aber auch hier: wann weiß der Affe, wann genug ist? Auch hier vermute ich, dass der Geschmack einfach bei Befriedigung des Bedarfes wieder Zurück ins Bittere umschlägt, so dass das jeweilige Individuum aufhört zu fressen, ohne sich dabei zu vergiften. Ein perfektes Regelungssystem!

Wie aber passiert es, dass das Wissen um bestimmte Heilkräuter in das genetische Erbe der Tiere gewandert ist?

Aus meiner Sicht wegen kindlicher Neugier! :-) Oder Neugier generell! Ist es vielleicht normal, erstmal alles in seiner Umwelt zu probieren, Minimengen zu kosten, um den Körper über die Verfügbarkeiten zu informieren? Tatsächlich scheint mir das eine Funktion der Neugier und des "vorsichtigen Kostens" zu sein, dass man die potentiellen Nahrungs- und Heilmittel seiner Umgebung kennenlernt!

Und so möchte ich auch jeden ermutigen, VORSICHTIG (7) seine Umwelt zu erkunden und auch auf Wiese und Feld, Wald und Saum Pflanzen ausfindig zu machen und zu kosten. Man probiert hier einfach kleinste Mengen, dass reicht oft, um den Körper eine Information zu geben und das Instinktive Programm zu starten! NICHT ÜBERTREIBEN!! Ich persönlich hab mich mit einem Kräuterbuch aufgemacht und alles mal durchgerochen und gekostet. Manches hab ich seitdem nie wieder gegessen, mache Sachen irgendwann mal, als sie mir wieder einfielen (welch Zufall: just zur richtigen Zeit als sie blühten) oder manche esse ich seitdem regelmäßig (z.B. Lindenblätter). Kurioserweise kommen einen dann auch genau im richtigen Moment die Gedanken, dass man mal wieder Lindenblätter oder Kirschblätter (beides absolut genial bei Bedarf) möchte, wenn sie Saison haben! Schon faszinierend, unsere Natur! :-)

(1) www.jagd.it/krankheit/wildkrankheiten.htm

(2) de.wikipedia.org/wiki/Moschusochse#Nat.C3.BCrliche_Todesursachen

(3)  www.amazon.de/Gorillas-%C3%96kologie-Verhalten-Angela-Meder/dp/354056666X/ref=sr_1_2?s=books&ie=UTF8&qid=1357759881&sr=1-2

(4) www.enpevet.de/Lexicon/Default_DE.aspx

(5) www.mueller-burzler.de/forum/messages/999.html

(6) www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/hormone-pille-veraendert-geruchssinn-bei-frauen-a-371447.html

(7) de.wikipedia.org/wiki/Gemeiner_Schimpanse#Selbstmedikation

(8) www.rohkostwiki.de/wiki/Vorsichtsma%C3%9Fnahmen_bei_unbekannten_rohen_Lebensmitteln

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