Wieder was gelernt

09.05.2018 11:16

Ich hatte letzte Nacht noch eine lange Diskussion mit einer Hamburger Veganerin auf Facebook. Was mir dabei aufgefallen ist: der Mangel drückt sich anscheinend nicht immer nur im Blutbild, bei den verschiedenen Nährstoffen oder bei der Gesamtbefindlichkeit aus, sondern auch im Benehmen, im Anstand, in der Fähigkeit zur sachlichen Diskussion.

Ich bin gestern mal wieder aufs Übelste beschimpft worden, nur weil ich es gewagt habe, eine andere Meinung zu haben und die auch mit Fakten zu untermauern. Ich wurde mehrfach als dumm, als Psychopath und als Freak bezeichnet. Mittlerweile hat die Person all ihre Kommentare gelöscht, so dass ich nicht mehr alle Beleidigungen und Schmähungen zusammenkriege. Nach der Diskussion bekam ich sogar noch eine Email mit Schmähungen.

Na ja, für mich ist das immer mal so eine Übung, dabei selber sachlich zu bleiben und nicht in den gleichen Tonfall zu verfallen. Warum auch, ich habe gute Argumente, gut belegte Studien, empirische Daten wie die von Weston Price und Arthur McCarrisson und antropologisches Wissen. Da muss ich nicht ausfallend und beleidigend werden.

Mir ist dann einfach irgendwann bewusst geworden, dass der Mangel sich eben nicht immer nur alleine auf der materiellen Ebene (Nährstoffhaushalt usw) ausdrückt, sondern eben auch im sozialen Bereich. Mangel an Sachlichkeit, Mangel an Diskussionskultur, Mangel an Respekt für den Diskussionspartner.

Es ist aber gerade auch der Zeitgeist: egal ob bei der Ernährung, bei der Migration, im Natur- und Klimaschutz, bei der Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau: egal wo man hinschaut, viele Menschen scheinen zu denken, dass sie das Recht auf Beleidigungen, Schmähungen, Unverschämtheiten und Ausfälligkeiten haben, wenn sie meinen, auf der Seite des Guten zu stehen und für das Gute zu kämpfen.

Veganer wähnen sich als Befreier der Tiere, und sie scheinen daraus abzuleiten, dass sie das uneingeschränkte Recht hätten, andere Menschen zum Teil aufs Übelste zu beleidigen, nur weil sie eine andere Meinung haben. Die aber aus ihrer Sicht nicht "lebenswert" oder "unwert" (!!! erinnert an dunkle Zeiten) ist.

"Refugees-Welcome" Befürworter scheinen ebenfalls ein Recht auf Beleidigungen und Schmähungen abzuleiten, weil sie sich auf der Seite des "Richtigen", des "Guten" wähnen. Menschen mit anderer Meinung werden dann sofort nazifiziert, als Idioten, dumm, brauner Abschaum und mit anderen Abscheulichkeiten betitelt. Auch nur, weil sie eine andere Meinung haben und diese sogar oft sehr gut begründen können.

Man kann das jetzt für viele andere Bereiche und Themen durchdeklinieren. In der Klimadiskussion, in der Politik (pro oder contra Trump zum Beispiel) oder in der Debatte um Gendermainstreaming und Gleichberechtigung.

Überall kann man beobachten, dass Menschen, die sich auf der Seite des Guten, des Richtigen und des Lichts, wenn man so will, wähnen, daraus ein Recht zur uneingeschränkten Beleidigung und Schmähung abzuleiten scheinen.

Es wird überhaupt nicht mehr sachlich diskutiert, sondern andere Meinungen und Sichtweisen werden sofort herabgewürdigt, man wird auf einer persönlichen Ebene angegriffen und beleidigt und es finden sich sofort auch Gruppenmitglieder, die den Beleidigenden auch noch ermutigen, den anderen weiter verbal "zusammenzutreten".

Wir sehen also den Niedergang der Sitten, des Miteinanders, der Streit- und Diskussionskultur auf vielen Ebenen.

Und wir sehen eine moralische Überhöhung, ein narzisstische Kompensation und eine "Wohlfühlkultur des Richtigen". Man fühlt sich wohl, weil man sich auf der moralisch richtigen Seite wähnt, das Ego wird bestärkt, weil man ja nun "gut" ist, und man fühlt sich als Übermensch, weil man ja nun FÜR die Tiere, für die Frauen, für das Klima, für die Migranten streitet.

Nur macht man das eben nicht mit richtig guten Argumenten, sondern die Wirklichkeit zertrümmert oft diese Illusionen und auf diese Zertrümmerungen reagiert man dann mit Agressionen. Ich bin ja vegan.. nur blöd, dass es ohne industriell gefertigte Supplemente nicht geht! Refugees welcome! Nur blöd, dass es da eben auch viele gibt, die gewalttätig sind, Frauen verachten, Drogen nehmen und offen unser Land hassen. Ich bin für den Klimaschutz! Ja, nur blöd, dass dafür dann die Landschaft verspargelt und die Natur zur Industrielandschaft gemacht wird. Ich bin Feministin und alle Unterschiede zwischen Mann und Frau sind rein kulturelle Konstrukte! Nur blöd, dass die Biologie (Hormone, Gene, usw) sich keine Sekunde um sowas kümmert.

Und weil man sich hier in etwas versteigt (herrlich, die deutsche Sprache.. man steigt in etwas hinauf, verliert den Kontakt zum Boden, und wo man irgendwann nicht mehr erreichbar ist und irgendwann kommt der Fall oder man wird andersweitig wieder geerdet), was genau genommen so in seinem Absolutismus nicht haltbar ist, man aber dieses narzisstische Gefühl, auf der richtigen Seite zu stehen, braucht, sogar UNBEDINGT braucht, wird jeder, der diese Wohlfühlquelle anzweifelt, sofort massiv angegriffen.

Was wir sehen, ist die Kompensation von frühkindlichen Mängeln an guter Mütterlichkeit, guter Väterlichkeit und ausreichend narzisstischer Bestätigung als Massenphänomen.

Das muss man sich bewusst machen!

Man kann da auch nicht sachlich diskutieren, weil immense Emotionen und unbewusste Mängel da mit reinspielen. Vegan ist ja eine Mangelernährung, das zeigen ja viele Studien. Geht nur mit Supplementen. Spätestens bei Schwangerschaft, Stillzeit und Wachstum kommt diese Ernährungsform an ihre Grenzen. Und wieso entscheiden sich Menschen dann für diese Mangelernährung? Das erklärt sich doch nur, weil da schon vorher ein Mangel vorlag, der sich nun so ausdrückt, indem man eine Mangelernährung durchführt. Um so, unterbewusst und auf einigen Umwegen, auf die eigentliche Quelle des Problems zu stoßen. Aber bis das erkannt ist, braucht es eben diesen Ausgleich, diese Kompensation. Anders geht das garnicht, kann man garnicht überleben.

Und im Grunde ist es immer auch eine Übertragung. Tiere retten, Flüchtlinge aufnehmen, das Klima retten, die Natur (das ist meine Übertragung) ... das sind nur Projektionsflächen. Im Grunde geht es immer darum, sein eigenes Leiden zu erkennen und sich selber zu retten, wenn man so will.

Und wenn man dann sachliche Gegenargumente bringt, in solch einer emotionalen Gemengelage, die es IMMER, zu jedem Thema gibt, dann brennt plötzlich die Luft, dann wird da sofort aggressiv und beleidigend reagiert. Weil: würde man sich auf eine wirklich sachliche Diskussion einlassen, dann drohen eben ungeliebte und sehr unangenehme Einsichten. Und natürlich bricht dann das narzisstisch notwendige Kompensationsgebäude zusammen, wird die "künstliche" Dopaminausschüttung verhindert. 

Und je emotional geeigneter das Thema, desto höher die Wahrscheinlichkeit, dass man da in Wespennest sticht. Wie gesagt, gestern Nacht war ich mal wieder erstaunt und dachte, was muss diese Frau für Unsicherheiten und Ängste haben, dass sie so beschimpfen muss.

Und das Gleiche findet sich in der Migrationsdebatte, bei der Genderdebatte, im Klimaschutz und vor allem in der Ernährung.

Da wird sofort auf massive Abwehr und im Grunde auch Entmenschlichung des Diskussionspartners gesetzt. Nazi, Rechter, Faschist ... also das sind ja schon fast Freibriefe zum Abschuss. Das kommt kurz vor vogelfrei, wo dich jeder ohne Strafe erschlagen darf. Also wie groß muss da der innere Druck, die innere Not sein, wenn man sich solche riesigen Kompensationsgebäude bauen muss und jeden massiv angreift, der da eine gegenteilige Meinung hat? Wir groß muss die Not sein, dass man nun unbedingt gut sein will, dass man hier auf der richtigen Seite stehen will, dass man jegliche wissenschaftliche, als ergebnissoffene, Rangehensweise fahren lässt und sich so massiv panzert und ideologisch verhärtet?

Wie bedürftig müssen diese Menschen im Inneren sein? Wie schwer die eigene narzisstische Verletzung und der emotionale Mangel, dass so emotional reagiert wird?

Ich persönlich habe da eine andere Motivation: mir geht es um den wissenschaftlichen Austausch. Um die Frage, was ist "die Wahrheit", wenn es sowas überhaupt gibt. Und irgendwie habe ich auch oft den Impuls, eine Gegenmeinung einzubringen, etwas für "Harmonie" zu sorgen.

Gestern las ich folgendes auf Facebook, etwa sinngemäß: "Manche behaupten, sie seien kein Nazi, sondern Patriot! Das ist, als ob man sagen würde, ich bin nicht Scheiße, ich bin Kacke!"

Also es wird garnicht mehr differenziert. Sofort wird allem, was verdächtig ist, die Nazikeule über den Schädel gezogen.

In Costa Rica sind auch alle patriotisch. Stehen morgends vor der Fahne in Schulunifom, lieben ihr Land, sind stolz drauf, dort zu leben und was sie geschafft haben, lieben ihre Natur. Das sind Patrioten. Aber die haben nicht mal eine Armee! Gleiches sieht man in vielen anderen Ländern, wo die Menschen ihr Land lieben, ihre Kultur, ihre Heimat und das auch ausdrücken. Wenn man mal genau hinschaut, muss man sogar sagen: ohne einen gesunden Patriotismus kann kein Land wirklich exsistieren. Menschen, die so empfinden, sind ja oft auch bereit, dem Land und der Gemeinschaft etwas zu geben. Sind in Kulturvereinen, Singeclubs, arbeiten ehrenamtlich im Naturschutz, helfen den Mitmenschen, erhalten alte Gebäude, pflegen die Mundart usw... aus der Liebe zum Heimatland entspringt ja auch viel Gutes.

Freilich gibt es immer auch krankhafte Übersteigerungen, klar, aber eine gesunde Heimatliebe hat aus meiner Sicht nichts mit dem Nazionalsozialismus zu tun. Der hat ja am Ende das Land zerstört. War also im Grunde das Gegenteil von Patriotismus, wenn man so will. 

In Deutschland aber wird alles sofort nazifiziert, was woanders vollkommen problemlos akzeptiert und sogar begrüßt wird.

Und da eben alle mittlerweile diese frühkindlichen Mangel haben (Wie gesagt ich kenne EIN Kind, wo ich sagen würde, das hat keinen Dachschaden und da bin ich mir auch nicht sicher, ob die Umgebung nicht gerade dafür sorgt, dass es ja nicht so bleibt. Alle anderen Menschen, mich eingschlossen, sind schon beschädigt aufgrund frühkindlicher Mängel und Traumatisierungen.) breitet sich das auch immer schlimmer aus. Wird dann irgendwann zur gesellschaftlichen Fehlentwicklung, die unerkannt immer größere Krisen verursacht.

Bei den Veganern kann ich mir vorstellen, dass wenn sie mal die Mehrheit sind, dann irgendwann Veganismus per Gesetz kommen wird und nach zwei Generationen der Scherbenhaufen (Mängel, Fehlentwicklungen, Degeneration) dann so groß sein wird, dass man wieder umdenken muss. Aber da man sich jetzt auf der richtigen Seite wähnt, ist man auch immun gegen Gegenargumente und ist somit zur Krise verdammt.

Mehr noch, man meint, eben weil man "gut" ist, ist man auch dazu berechtigt, den Gegener zu beleidigen und "fertig" zu machen. Weil der ja das Böse ist, der Schlechte, das verkörpert, was man hasst und das muss ausgemerzt werden und dazu ist eben auch jedes Mittel recht. Hitler und Japan, damals das "Böse", hat man auch mit Flächenbombardements und zwei Atombomben platt gemacht. Und vorher haben die Deutschen den "bösen" Russen und die "bösen" Juden entsprechend ohne Rüccksicht auf Verluste bekämpft. Da gab es auch keine moralischen Grenzen mehr, um den "Endsieg" zu erringen. Und das geht jetzt im Kleinen weiter! Sieht man in solchen Diskussionen, wo man plötzlich der Böse ist, der dann auch massiv und mit allen Mitteln bekämpft wird. Und das hat man ja vor zwei Jahren gesehen, wo eine Schule einen Bäcker fertig gemacht hat, der dort hinlieferte und es wagte, eine andere Meinung als der Mainstream zu haben und diese auch noch kund zu tun.

Und da man ja für das Gute, für die Schwachen und für das Licht kämpft, haben diese Leute auch kein Unrechtsbewusstsein mehr. Die merken nicht mehr, wie sie da Grenzen überschreiten und zu dem werden, was sie bekämpfen. Schlimmer noch, aufgrund der ideologischen Verblendung werden sie auch blind für ihre eigenen Widersprüche. Ich hatte hier ja mal als Beispiel irgendwo so ein Plakat einer Gegendemo in Berlin gebracht: "Weltoffenes Neukölln. Für Demokratie, Freiheit, Toleranz - gemeinsam gegen Rechts!" - und da gibts ja viele Beispiele, wo die eigenen Widersprüche nicht mehr erkannt werden (Wer es nicht kapiert: wenn ich demokratisch, offen und tolerant bin, schliesst das auch die Rechten mit ein, die dann im demokratischen Diskurs argumentativ entsprechend bearbeitet werden).

Wenn man ideologisch verblendet ist, schaltet man eben auch Gehirnareale ab, die dafür zuständig sind, dass man diese Widersprüche erkennt. Ideologien sind da wie verschlossene Türen zu Bereichen, die aber begraucht werden, um das Ganze zu begreifen.

Das sind alles keine guten Entwicklungen und sie machen mir irgendwie auch Sorge und ich habe die Befürchtung, dass sich das irgendwann auch gewaltsam alles entladen wird.

Der Appell an die Vernunft ist ja oft vergebens, einfach weil da emotionale Problematiken vorliegen, die man mit der Vernunft oft nicht fassen kann.

Und der Anstieg solcher emotionaler Themen zeigt eben auch, dass das emotionale Problematiken vorliegen. Wenn man emotional ausgeglichen und in der Kindheit gesättigt wurde, dann braucht man nicht mehr projezieren und dann sieht man die Dinge eben realistischer. Dann wird man nicht so leicht zum veganen Aktivisten, zum Refugees -Welcome -Rufer, zum Klimaretter. Sondern dann sieht man die Dinge realistischer.

Na ja, es ist so wie es ist... jetzt muss ich meinen kleinen Bienenstich noch etwas kühlen. Ich war vier Wochen im Dauereinsatz, jetzt darf ich auch mal auf der Couch liegen! :-D

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